Leseprobe

150 Leda mit dem Schwan Corneille Van Clève Paris 1645–1732 Paris Um 1680/1690 Bronze; 63,5×23,8×24,5 cm 1765 aus der Sammlung des Grafen Heinrich von Brühl erworben Inv.-Nr. H4 154/28 Corneille Van Clève stammte aus einer flandrischen Familie von Goldschmieden. Nach seiner Ausbildung bei Michel Anguier verbrachte er mehrere Jahre in Rom und Venedig. Auf seine Rückkehr nach Paris 1678 folgte eine brillante Karriere im Dienst des Königs und des französischen Hochadels. Besonders erfolgreich waren seine Kleinbronzen, die Van Clève explizit für private Sammler herstellte. In gewisser Weise übernahm er so die Tradition der Florentiner Giambologna-Werkstatt und adap­ tierte die italienische Kleinbronze für den Geschmack des französischen Rokoko. Zur Darstellung kamen in seinen Bronzegruppen zumeist erotische Geschichten der griechischen Mythologie, die perfekt zu den Schäferstücken und galanten Festen auf den Bildern des Malers Antoine Watteau (1684–1721) passten. Darstellungen der ätolischen Königstochter Leda, der sich Göttervater Zeus in Gestalt eines Schwans näherte – eine Vereinigung, der unter anderem die schöne Helena entsprang –, erfreuten sich schon in der Antike großer Beliebtheit. Seit der Renaissance folgt die Interpretation entweder dem durch Leonardo da Vinci gepräg- ten Typus der stehenden Leda, an die sich der verliebte Schwan zärtlich schmiegt, oder der von Michelangelo etwas deftiger aufgefassten liegenden Leda. Van Clève zeigt die Figur aufrecht stehend, wobei Leda den sich zu ihr emporwindenden Schwanenhals mit fester Hand umgreift, so als wolle sie den Moment des innigen Blickkontakts hinauszögern.  |  ckg

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