Leseprobe

6 Skulptur als eine der Sammelleidenschaften Augusts des Starken Die wichtigste Vermehrung des kurfürstlichen Kunstbesitzes erfolgte jedoch wäh- rend der Regierungszeit Friedrich Augusts I. von Sachsen, des »Starken« (reg. 1694–1733). Zwischen 1723 und 1726 erhielt der sächsische Kurfürst, der gleich- zeitig auch König von Polen und Großfürst von Litauen war, eine großzügige Schen- kung von Friedrich Wilhelm I., König von Preußen, die 52 überwiegend römische Porträts umfasste. Die Begeisterung des Kurfürsten für die Künste brachte Ankäufe in einer Größenordnung nach Dresden, wie sie keinem seiner Vorgänger gelungen waren. In Bezug auf Skulpturen müssen als die bedeutendsten die im Jahr 1728 getätigten Erwerbungen von zwei herausragenden römischen Sammlungen genannt werden: jene des Kardinals Alessandro Albani und jene des Kardinals Flavio Chigi. Dank dieser Ankäufe gelangten knapp 200 antike Skulpturen nach Dresden, die dem Kurfürsten nicht nur ein prächtiges Ensemble an Marmorskulpturen sicherten, sondern auch dazu beitrugen, eine dem Ruhm und Anspruch des wettinischen Hauses angemessene Sammlung aufzubauen. Die Kaufverhandlungen in Rom wurden dem erfahrenen Berater und Archi- tekten des Königs, Baron Raymond Leplat, anvertraut. Am 2. Oktober 1728 konnte Leplat den Kaufvertrag abschließen, woraufhin für 34 000 Scudi romani 164 Anti- ken nach Dresden kamen. Darunter befanden sich zum Beispiel die vier Statuen des Einschenkenden Satyrn (S. 56) aus der Domitiansvilla von Castel Gandolfo, die aus der Sammlung des Kardinals Ippolito d’Este stammende Sitzstatue einer Muse (S. 68) sowie die vier Heroen (S. 49), die 1672 in Acqua Santa bei Rom ausgegraben worden waren. Im Zuge der Verhandlungen mit Kardinal Albani konnte Leplat wenige Wochen später, im November 1728, 32 Antiken für Dresden sichern, die insgesamt 20 000 Scudi kosteten. Das Konvolut beinhaltete Meisterwerke, die bis heute zu den Glanzstücken der Dresdner Skulpturensammlung zählen: den Dresdner Knaben (S. 50), den Dresdner Zeus (S. 43) sowie die beiden Statuen der sogenannten Athena Lemnia (S. 42). Vor seinen Reisen nach Rom hatte sich Leplat 1699 sowie zwischen 1714 und 1715 in Paris aufgehalten, wo er wichtige Bronzeplastiken für August den Starken erworben hatte. Auf diesem Weg waren sowohl kleinformatige Plastiken wie die Laokoon-Gruppe (S. 143) als auch Nachbildungen der monumentalen Statuen aus Versailles, die von den französischen Bildhauern Antoine Coysevox, François Girardon und Étienne Le Hongre gemeißelt worden waren, in die kurfürst- liche Sammlung gelangt. 1723 konnte Leplat in Rom zudem eine verkleinerte Nachbildung von Ber- ninis Apoll und Daphne erwerben. Aus dem 1726 verfassten ersten Inventar der Skulpturen geht hervor, dass sich mittlerweile 310 Objekte im Bestand befanden – darunter »Statuen, Brustbilder, Groupen und ander Gefäß, sowohl antique als moderne, aus allerhand Marmelstein, Metallique, Porfire, Alabaster verfertigt«. 2 Diese waren auf die »Bilder Gallerie«, den Garten des Holländischen Palais (des heutigen Japanischen Palais), das Grüne Gewölbe und auch das »Paraten Schlaff Gemach« (die heutigen Königlichen Paraderäume) verteilt.

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