Leseprobe

89 Pfund. Die überseeischen Märkte waren zusammengebrochen, das britische Exportvolumen erreichte gerade noch 31 Prozent des im Vorkriegsjahr ausgewiesenen Wertes. Die Gold- und Dollarreserven waren weitgehend aufgezehrt; es herrschte akuter Devisenmangel; mehr als ein Viertel des nationalen Reichtums – und damit mehr als das Doppelte im Vergleich zum Ersten Weltkrieg – war verloren. Ein beträchtlicher Teil des im Ausland befindlichen Vermögens hatte veräußert werden müssen. Zahlungsbilanzkrisen stellten sich mit großer Regelmäßigkeit ein. 17 Kein Wunder, dass John Maynard Keynes seine Regierung vor einem »finanziellen Dünkirchen« warnte und zeitweilig der »Rückzug [...] auf die Stellung einer zweitrangigen Macht [...] wie Frankreich« befürchtet wurde. 18 Zum allgemeinen Zustand der Verunsicherung im Vorfeld der Potsdamer Konferenz trugen auch die Wahlen zum Unterhaus am 5. Juli 1945 bei. »I shall be only half a man until the result of the poll«, erklärte Churchill gegenüber seinem Leibarzt. 19 Weil die Stimmen der Soldatinnen und Soldaten erst drei Wochen später ausgezählt waren, stand das Wahlergebnis nicht vor dem 26. Juli fest. Bis dahin hatte sich am Potsdamer Konferenztisch ein Stapel unerledigter Dinge auf- getürmt. Um allen Eventualitäten vorzubeugen, hatte Churchill seinen Kontrahenten Attlee in die britische Delegation für Potsdam eingeladen. Schließlich orientierte sich das Handeln Whitehalls an den Erfahrungen der Zwischenkriegszeit. Einerseits konzentrierte man sich dabei auf die Konstruktionsfehler des Versailler Friedensschlus- ses von 1919, die nach weit verbreiteter Einschätzung das Entstehen der nationalsozialistischen Diktatur erleichtert hatten. Die Angst vor der Wiedergeburt des expansionistischen und revanchistischen Ankunft Attlees und Bevins im Cecilienhof am 28. Juli 1945

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