Leseprobe

177 gen in der Praxis immer schwerer durchzusetzen waren. 3 Zudem sah sich China seit dem Ende der 1920er Jahre durch das Vordringen Japans dem heftigsten Ansturm des Imperialismus überhaupt aus­ gesetzt. Aber es waren letztlich nicht direkte militärische Ausein­ andersetzungen mit dem östlichen Nachbarn, die den Umschwung in Chinas internationaler Position herbeiführten, sondern Veränderun- gen der globalen strategischen Gesamtlage. Der Wandel der strategischen Gesamtlage und das Ende der ungleichen Verträge Der Krieg, der in China bis heute als »Antijapanischer Widerstands- krieg« ( Kang Ri zhanzheng ) bezeichnet wird, lässt sich in drei Phasen unterteilen. In der ersten Phase vom 18. September 1931 bis Mitte 1937 handelte es sich um einen begrenzten Krieg, in dessen Verlauf Japan unter einem Vorwand zunächst die Mandschurei und in den folgenden Jahren weitere Teile Nordchinas besetzte und dort Kolla- borationsregimes errichtete, allen voran den Staat Mandschukuo (1932). Zudem griff die japanische Marine Shanghai an. Der antijapa- nische Widerstand ging von lokalen militärischen Kräften aus, wäh- rend die Nationalregierung Verhandlungen mit Japan führte, die Ende Mai 1933 in einem Waffenstillstand mündeten. China erhielt zwar die politisch-diplomatische Unterstützung des Völkerbundes, dessen in die Mandschurei entsandte Kommission unter Lord Victor Bulwer-Lytton die Wiederherstellung des Status quo ebenso empfahl wie die der Genfer Organisation nicht angehörenden USA. Aber in Tokio verhallten diese Forderungen ungehört, und die japanische Regie- rung entledigte sich der lästigen Einsprüche durch den Austritt des Landes aus dem Völkerbund im Frühjahr 1933. 4 Mit dem Schusswechsel zwischen chinesischen und japani- schen Truppen an der Lugou- oder Marco-Polo-Brücke nahe Beijing am 7. Juli 1937 trat der Krieg in seine zweite Phase ein. Der Anlass war an sich belanglos, doch er ereignete sich zu einem Zeitpunkt, da sich die Situation sowohl in China als auch auf der weltpolitischen Bühne grundlegend gewandelt hatte: Angesichts der zunehmend aggressiven Haltung des Dritten Reiches und Italiens orientierte Stalin die sowjetische Politik ab 1934 hin auf den Eintritt in den Völ- kerbund sowie auf die Unterstützung von antifaschistischen Volks- fronten unter Einschluss bürgerlicher Kräfte. Im Zuge dieser Neuaus- richtung verlangte er auch von den chinesischen Kommunisten, die sich gerade auf dem verlustreichen »Langen Marsch« vor den natio- nalistischen Truppen nach Nordwestchina geflüchtet hatten, eine Einigung mit Chiang Kai-shek. 5 Dessen Gefangennahme in Xi’an im Dezember 1936 durch den vor den Japanern geflüchteten ehemaligen Warlord der Mandschurei, Zhang Xueliang, ebnete den Weg für die Bildung einer antijapanischen Einheitsfront. Der politisch-militäri- sche Umschwung wurde durch den Druck der öffentlichen Meinung

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