Leseprobe
240 Niederländische und flämische Zeichnungen Pinsel in Hellbraun, über schwarzer Kreide, 326×477 mm; in der Mitte vertikale Faltung, links oben, in der Mitte und unten rechts dunkelbraune Flecken, allseitige Einfassungs linie mit der Feder in Dunkelbraun Wasserzeichen: Fünfzackige Krone unter sechszackigem Stern, Bindedraht als Mittel achse, Stegabstände (vertikal) |29|29|28|30|30 |29|29|29|30|29|27|30|29|29|28| (ähnlich Heawood 1123) Auf dem Verso unten links Stempel des Städel- schen Kunstinstituts (L. 2356) PROVENIENZ Vermutlich Isaac Walraven (1686–1765), Amsterdam; Versteigerung Walraven: Hendrik de Winter & Pieter Yver, Amsterdam, 14. Okto- ber 1765 (Lugt 1481), Konstboek O, Nr. 875, »Jan Both. Ponto Rotto aan de Tiber met de afgebroken Brug, gewassen met geele Oostind. Inkt.« (fl. 4-15) 1 Johann Friedrich Städel (1728–1816), Frankfurt am Main ( Catalogue 1825) Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Main, Catalogue 1825, École flamande, »Jean Both, Vue du ponte rotto à Rome. À la seppia. 17 ' 7×12 ' – [475×324 mm]«, Inventar 1862, als J. Both, Inv. 3805 91 Bartholomeus Breenbergh (Deventer 1598 –1657 Amsterdam), Nachfolger In Städels Sammlung: Jan Both Der Ponte Rotto in Rom, um 1640/1650 (?) Der Ponte Rotto, die Ruine einer antiken Brücke über den Tiber und eine der Sehens- würdigkeiten der Stadt Rom, ist auf dieser Zeichnung aus südöstlicher Richtung darge- stellt. Die Brücke wurde im Dezember 1598 während eines Unwetters schwer beschä- digt. Vom Blattrand angeschnitten, ist ganz rechts noch der demolierte Ansatz eines weiteren Brückenbogens zu erkennen. Auf der gegenüberliegenden Flussseite ist die später niedergerissene Kirche San Salvatore zu sehen, an die einige kleinere Gebäude angrenzen. Darunter sind auf dem schmalen Uferstreifen mehrere Wasserräder zu erken- nen, etwas weiter rechts liegt eine Schiffs- mühle für Getreide. Diese permanent im Fluss platzierte Einrichtung war vom Ufer über einen schmalen Steg zu erreichen. Auf anderen Darstellungen ist die Überbauung mit einem Schutzdach noch nicht erfolgt. 2 Bei Johann Friedrich Städel – so geht aus der ersten Erfassung des Blattes in einem Auswahlkatalog seiner Sammlung, 1825, hervor – galt der Utrechter Künstlers Jan Both (1618/1622–1652) als Zeichner, ihm wird ein motivisch übereinstimmendes Gemälde in Brescia zugeschrieben. 3 Alter nativ wurde Jan Asselijn (1600/1616–1652) als Autor erwogen. Beide Künstler waren in Rom, Both wahrscheinlich von 1638 bis 1642 (s. Kat. 90), Asselijn von 1635/36 bis 1644/45. 4 Die sicher disponierende Stiftvor- zeichnung wie die Pinsellavierung in einem warmen Gelbbraun lassen sich aber mit keinem der beiden Künstler überzeugend verbinden. Dem Blatt am nächsten steht der Blick in einen Innenhof im Rijksprentenkabi- net, Amsterdam. 5 Diese Zeichnung gehört zu einer kleinen Werkgruppe, die technisch verwandt auf Papier mit übereinstimmen- dem Wasserzeichen ausgeführt ist und einem Nachfolger von Bartholomeus Breen- bergh (1598–1657) zugeordnet wurde; Papier aus derselben italienischen Mühle wurde um 1640 auch von Both benutzt. 6 Breenbergh, unter dessen Namen Städel ebenfalls Zeichnungen besaß (Abb. 125), hielt sich ab 1619 für ein Jahrzehnt in Rom auf, es ist jedoch noch nicht gelungen, den Autor der Zeichnungen in Amsterdam und Frankfurt aus seiner Nachfolge zu bestimmen. 7 Das Format der Frankfurter Zeichnung könnte für eine im Atelier erfolgte, reprä- sentative Ausarbeitung sprechen, jedoch wurde die an einigen Stellen noch korri- gierte Vorzeichnung nicht immer streng beachtet. Die hellen Wandflächen und Dächer heben die kubische Form der Bau- körper hervor. Der Kontrast zu den ver- schatteten Partien bleibt gering, da die gelbliche Lavierung eine sonnendurchflutete Lichtsituation vermittelt. Diese südliche Atmosphäre ist charakteristisch für die Arbeiten einer ganzen Generation nieder ländischer Künstler, die in der Mitte des 17. Jahrhunderts Italien besuchten. Ihre Zeichnungen bildeten einen Schwerpunkt in Städels Sammlung mit weiteren, später zum Teil verkauften Arbeiten unter Cornelis van Poelenburch (1594/95–1667), Jan Wils (um 1600–1666), Thomas Wijck (um 1616– 1677) und Adam Pijnacker (1620–1673). 8 Abb. 125 Bartholomeus Breenbergh, Häusergruppe in Tivoli , 1620/1630, Feder in Braun, braun und grau laviert, weiß gehöht, über schwarzer Kreide, 120×165 mm (Inv. 3795)
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