Leseprobe
294 Anhang hierbei als Grundlage zu nehmen ist, liegt 1862/63. Im Jahr 1862 begann man ein neues, systematisch geführtes Inventar, in dem der vorhandene Gesamtbestand der Zeichnungen verzeichnet wurde und das ab dann – bis heute – im numerus currens mit einer Inventarnummer für jedes einzelne Werk fortlaufend weitergeführt wurde. Als Vorgehen bietet sich eine vergleichende Synopse an. Unter Auswertung von Archivalien, Zugangslisten, Inventaren, Auktionskatalogen und weiteren Unterlagen wird eine Gesamtliste aller Zeich- nungen erstellt, die bis zur vollständigen Erfassung des Altbestands der Zeichnungen in dem neu angelegten Inven- tar, 1862/63, erworben und verkauft wurden, zugleich wird eine Unterscheidung zwischen dem Besitz von Städel, Grambs und institutseigenen Erwerbungen beachtet, sodass im Ausschlussverfahren der genuine Besitz Städels festge- stellt werden kann. Aufgrund der recht unterschiedlichen Dokumentationsformen ist es hilfreich, die handschriftlichen Quellen und weiteren Unterlagen in einer Übersicht vorab genauer zu beschreiben. Dabei werden berücksichtigt: A. Frühe Archivalien und Schriften (1817–1820) B. Der französischsprachige Catalogue von etwa 1825 C. Zugangsliste 1817–1861 D. Inventare und Berichte E. Versteigerungskataloge F. Weitere Quellen A. Frühe Archivalien und Schriften (1817–1820) 1 Städel Museum, Archiv, Belege, 3. Dezember 1816 – 31. Dezember 1817, unter dem 20. August 1817 Am 1. Juli und 20. August 1817 wurden in zwei Tranchen 152 und 157 »Portefeuilles für Zeichnungen in Rücken und Ecken mit Leder nebst Leinwand zum einschlagen« geliefert. Zwar ist nicht vollkommen auszuschließen, dass vorhandene Mappen – zur Einlage in Kästen? – instand gesetzt werden sollten, vermutlich wird es sich aber um Neuanfertigungen gehandelt haben. Hervorzuheben ist, dass, unmittelbar nachdem die Administration die Leitung des Städelschen Kunstinstituts aufgenommen hatte, eine intensive Betreuung der Zeichnungssammlung einsetzte. 2 2 Städel Museum, Archiv, Belege, 3. Dezember 1816 – 31. Dezember 1817, unter dem 10. November 1817 Rechnung unter anderem über Zeichnungen, die auf der Auktion Thurneisen ersteigert worden waren, »Nr. 46: 2 Zeichnungen, f. 7-15 Nr. 47: 1 desgleichen [Zeichnung], f. 3-15« 3 3 Städel Museum, Archiv, Belege, 3. Dezember 1816 – 31. Dezember 1817, unter dem 15. November 1817 Rechnung über fl. 271-00 von Händler Willem Gruyter, Amsterdam, quittiert von Inspektor Wendelstadt, über ein Gemälde (fl. 60-00) und über fl. 210-54 für »eingesandte Handzeichnungen« 4 4 Stadelsches Kunstinstitut, Archiv, Kasten rot/blau, Fasz. »Generaldarstellung des Bestandes des dem J. F. Städel- schen Kunst-Instituts zustehenden Vermögens extrahirt den 31. December 1817« Gemäß der Vermögensaufstellung des Städelschen Kunst instituts auf den 31. Dezember 1817 umfasste die Sammlung Städel 3 298 Zeichnungen, die Sammlung Grambs »circa 1 900« Blatt. 5 Hinzu kamen Arbeiten im Wert von fl.1748,23, worunter die ersten Ankäufe der Administration zu verstehen Dokumentation und Rekonstruktion der Zeichnungssammlung von Johann Friedrich Städel Vorbemerkung Mit der Stiftung von Johann Friedrich Städel kam 1816 auch seine Zeichnungssammlung in das Städelsche Kunstinstitut. Das Wissen um den Umfang und die Ordnung der Sammlung ist seit 1816 undeutlich geworden. Als Ausgangslage ist festzuhalten, dass für diese Sammlung nur sehr wenige zeitgenössische Quellen existieren, es keine vollständige Auflistung, sondern nur einen um 1825 angelegten Auswahl- katalog gibt, den sogenannten Catalogue 1825, und dass schließlich die Städelsche Sammlung innerhalb des Kunstins- tituts nicht abgetrennt von späteren Erwerbungen und Zugängen aufbewahrt wurde. Als Basis für eine zunächst nur zahlenmäßige Rekonstruktion der Sammlung war daher der Gesamtbestand an Zeichnungen zu erfassen, die bis zu einem verlässlichen Stichdatum – der ersten Inventarisierung des Gesamtbestands, 1862/63 – in das Städelsche Kunstinstitut gekommen oder daraus verkauft worden waren. Die folgende Dokumentation soll die Hilfsmittel bereitstellen, in einer darauf fußenden Auswertung die ursprüngliche Zeichnungs- sammlung von Johann Friedrich Städel von anderen Bestän- den innerhalb des Städelschen Kunstinstituts abzugrenzen. Erst auf dieser Grundlage kann die Konzeption und die Qualität der von Städel zusammengetragenen Sammlung adäquat bewertet werden. * Ein Inventar, in dem die Zeichnungssammlung von Johann Friedrich Städel noch zu seinen Lebzeiten vollständig beschrieben oder aufgelistet wäre, existiert nicht – hat sich nicht erhalten oder ist bislang nicht gefunden worden. Auch hat Städel keine eigene Markierung – einen Sammlerstempel oder andere Kennzeichnung – benutzt, an dem sein Besitz zu erkennen wäre. Will man ein Verzeichnis dieser Sammlung aufstellen, sind daher einige relevante Unterlagen auszuwer- ten. Ein Haupthindernis liegt bereits darin, dass der Umfang der Zeichnungssammlung unterschiedlich beschrieben wird. Laut einer »Generaldarstellung des Bestandes des dem J. F. Städelschen Kunst-Instituts zustehenden Vermögens extrahirt den 31. December 1817« umfasste die Sammlung 3 298 Arbeiten, 1819 wird von 5 000 Handzeichnungen gesprochen, wobei allerdings eine zweite Handzeichnungssammlung, die 1817 hinzugekommene Sammlung von Johann Georg Grambs (1756–1817), mit eingerechnet wurde. Im Juli 1820 nennt der Administrator Dr. med. Theodor Friedrich Arnold Kestner nur für die Städelsche Sammlung 4 631 Zeichnungen. Und als man um 1825 ein erstes Verzeichnis begann, registrierte man 1 922 Blätter, es handelte sich aber, wie sich herausgestellt hat, um einen Teil- oder Auswahlkatalog, in dem auch erste Ankäufe der Stiftungsadministration erfasst sind. 1 Zuverlässig scheint allein die Angabe Kestners, da ihm auch die Anzahl von Zeichnungen der Sammlung Grambs (1933) geläufig war, er die ersten Ankäufe der Administration verzeichnete und die Angabe aus dem Jahr 1817 von 3 298 Zeichnungen, hinter der er einen unter Städel angelegten Katalog vermutete, ausdrücklich als fehlerhaft erwähnte. Wenngleich von grundlegender Bedeutung, besitzt der von Kestner genannte Umfang von 4 631 Zeichnungen nur eine zahlenmäßige Aussagekraft. Dies ist eine Folge davon, dass die Städelsche Sammlung nicht als isolierter Bestand betrachtet und erhalten, sondern mit allen späteren Zugän- gen im Sammlungskomplex der Zeichnungen integriert wurde. Um die Arbeiten identifizieren zu können, die zur ursprünglichen Sammlung von Johann Friedrich Städel gehörten, sind daher alle späteren Erwerbungen und auch die Verkäufe aus der Sammlung des Städelschen Kunstinstituts zu berücksichtigen. Die sammlungsgeschichtliche Zäsur, die 4 Johann Friedrich Städel, Frankfurt am Main, 19. Oktober 1815, an Domenico Artaria, Mannheim Stadel Museum, Archiv, ›Rechnungskorrespondenzbuch‹, S.151 4 Mannheim, Dominicus Artaria, d 19 t October 1815. Die zufolge Ihrem Geehrten vom 14‹ dieses durch den Postwa- gen an mich abzusenden beliebte neuen Kupferstiche sind mir richtig zugekommen, allein da ich mich anjetzo sehr wenig mehr mit Kupferstichen abgebe und auch nichts darun- ter gefunden, was mir anständig gewesen wäre, so habe ich solche sämmtlich in der nähmlichen Emballage wieder heute durch den Postwagen an Sie zurückgesandt, wovon demnach meine Rechnung zu entlasten und mir den richtigen Empfang gefälligst mit Wenigem anzuzeigen ersuche. – Für Ihre gütige Aufmerksamkeit danke inzwischen immer verbindlichst und habe übrigens die Ehre mit aller Ergebenheit zu verbleiben.# ANMERKUNGEN 1 Das Schreiben ohne Standortnachweis erwähnt von Heym 1966a, S. 23; Heym 1966b, S. 64–66. 2 Streichungen im Text sind entsprechend gekennzeichnet, Einfügungen mit › ‹ angegeben (das Schriftstück ohne Standortnachweis erwähnt von Heym 1966a, S. 23; Heym 1966b, S. 64–66). Das Dekret Dalbergs vom 21. November 1811 im Städel Museum, Archiv, Sig.1 (Rep.1, No.1, Acta, Stiftungsurkunde), fol. 5r–5v. 3 Vgl. Meyer 2013, S. 87; zu Artaria s. Einleitung, Anm. 35. 4 Vgl. Meyer 2013, S. 87.
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