Leseprobe

15 Der Weg nach Europa Die ersten Kamelien sind aus China nach Europa gelangt. Angeblich haben portugiesische Seefah- rer sie im 16. Jahrhundert importiert. Noch immer wachsen in Portugal sehr alte Kamelienbäume. Über ihre Herkunft existieren widersprüchliche Meinungen. Im Jahr 1745 veröffentlichte der Engländer Geor- ge E. Edwards (1694–1773) eine Naturhistorie der Vögel. Auf einer kolorierten Zeichnung in dem gleichnamigen Buch ist ein Fasan mit einem Ka- melienzweig abgebildet. Edwards hatte die Pflan- ze in den Gewächshäusern von Lord Petre in Thorn- don Hall, Essex, gezeichnet. Petre besaß 1739 zwei Exemplare: eines mit roten und eines mit weißen Blüten. Da der Lord bereits in jungen Jah- ren an Pocken starb, konnte nie geklärt werden, wie er zu den Kamelien gekommen war. Noch wichtiger ist eine andere Geschichte: Tee kostete früher ein Vermögen. Deshalb versuchte man, lebende Teepflanzen nach Europa zu bringen und zu vermehren. Die wenigen Exemplare, die die lange Seereise überlebten, waren oft keine Tee- pflanzen, sondern Kamelien. Ob sich die Verwechs- lungen zufällig ergaben oder das von den Chinesen sorgsam gehütete Teemonopol geschützt werden sollte, bleibt im Dunkeln. Sicher ist, dass Kamelien ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in ver- schiedenen europäischen Gewächshäusern – so in London, in Uppsala und im Schlossgarten von Caserta bei Neapel – gehalten wurden. »Die älteste Camellie befindet sich zu Caserta bei Neapel im Giardino Inglese. 1760 aus Samen gezogen, Stammutter aller europäischen Camellien. Der Gärtner, der sie gepflegt hat, hieß Joh. Andr. Graser, ein Deutscher. Die Pflanze brei- tet sich in acht Ästen vom Boden aus, deren stärkster 40 cm Umfang hat. Die Höhe ist 10 m.« Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, 1920 »Der Commerzienrath Lagerström war noch glücklicher, zwei angebliche Theestauden in den botanischen Garten zu Upsala zu bringen, die zwei Jahre hindurch ungemein gut fortkamen, und außer daß sie etwas breitre Blätter hatten, den ächten Theepflanzen so ähnlich waren, daß auch der größte Kräuterkundige durch sie hintergangen wurde. Erst mit den Blüten zeigte sich der Betrug des sinesischen Kauf- manns; es war nicht die Theestaude, sondern die Pflanze Camellia, welche man überbracht hatte.« Christian Wilhelm Dohm, 1777 Abb. 18 Unbekannter Künstler, Der Chinesische Thee, kolorierter Kupferstich, 1818. √ Abb. 17 Vase mit Genreszene, Mitte: Kamelienzweige, unten: Felsen und Orchideen, Porzellan, China, 1644–1661. ® Abb. 19 Unbekannter Künstler, Camellia Aitoma, kolorierter Kupferstich, 1836. ® Abb. 20 Unbekannter Künstler, Camellia pomponia, kolorierter Kupferstich, 1833. ® Abb. 21 Unbekannter Künstler, Camellia rosea, kolorierter Kupferstich, 1830.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1