Leseprobe
56 Niveau zu schaffen. Dafür wiederum waren die langjährigen wissenschaftlichen Auseinan- dersetzungen von Manfred Zumpe mit internationalen Entwicklungen auf dem Gebiet des industriellen Wohnungsbaus hilfreich. So gelang es ihnen, eine »Grammatik der Variabili- tät« im industriellen Bauen zu entwickeln, um die etablierten, aber eintönigen Serien um alternative Typenentwürfe zu ergänzen. Mit den stadtbildprägenden Wohnhochhäusern am Fischerkiez, an der Holzmarktstraße oder der »Windmühle« bauten sie nicht nur ästhetisch ansprechendere Höhendominanten als die bisher vorhandenen Typen, sondern auch deut- lich günstiger und schneller. Das Konstruktionsprinzip basierte auf einheitlichen Parame- tern für die vorgefertigten Elemente in der Gewichtsklasse 6,3 Megapoint (Mp), die, unter- schiedlich angeordnet, abwechslungsreiche Grundrissausbildungen und plastisch wirkende Baukörperausformungen zuließen. 2 Neben diesen gebauten Beispielen ist auch der Entwurf von Manfred Zumpe für ein 30-geschossiges Wohnhochhaus in Berlin beachtenswert. Für seine wissenschaftlichen For- schungen stand er auch im Kontakt mit Walter Gropius, einem der bekanntesten Vordenker des industriellen Massenwohnungsbaus. Als der 1937 in die USA emigrierte Gropius ihm 1968 schrieb, dass er ein 31-geschossiges Wohnhochhaus in Britz-Buckow-Rudow baue, entschied sich Manfred Zumpe, es ihm gleich zu tun und entwarf ein 30-geschossiges Hochhaus mit einem kompakten Grundriss und dreieckförmigen Loggien. Überzeugt von seinem Entwurfskonzept, reichte er die ohne staatlichen Auftrag vorangetriebenen Pläne (die Kosten für die Projektierung und statischen Berechnungen hatte er selbst übernom- men) 1971 beim Berliner Wohnungsbaukombinat (WBK) zur Genehmigung ein. Obwohl der neue Gebäudetypus auf das Bausystem des WBK abgestimmt war, fiel der Entwurf bei den Verantwortlichen durch. 3 Ähnlich erging es ihmmit anderen, zusammen mit Schmiedel entworfenen Typenvarianten wie beispielsweise demWohn- und Gewerbekomplex Leipziger Straße in Berlin oder dem Innenganghaus mit Wohnungen auf zwei Ebenen. Ungebaut, aber nicht zuletzt durch eindrucksvolle Architekturdarstellungen überliefert, stehen sie bei- spielhaft für zahlreiche ambitionierte Projekte, die in der DDR fernab des eintönigen Massen- wohnungsbaus entwickelt wurden. Durch ihre Entwurfsstärke in der Architektenschaft bald bekannt geworden, trat der Leipziger Chefarchitekt, Horst Siegel, 1968 an Manfred Zumpe und Hans-Peter Schmiedel mit der Bitte heran, Hochhäuser für ausgewählte Standorte am Leipziger Ring zu entwerfen. Manfred Zumpe übernahm die Planungen für einen Wohnturm an der Grimmaischen Straße unweit des Grassi-Museums und einen an der Wintergartenstraße am Leipziger Hauptbahnhof, der nach seiner städtebaulichen Idee als 25-geschossiges Punkthochhaus über achteckigem Grundriss 1972 fertiggestellt wurde. (Die weitere Planung und Ausfüh- rung lief über das Büro des Chefarchitekten in Leipzig.) 4 Unweit des Berliner Fernsehturms machten Manfred Zumpe und Hans-Peter Schmiedel mit einem 240 Meter langen, zehngeschossigen Investitionskomplex auf sich aufmerksam. In Baukörpergestalt und Fassadengliederung erinnernd an Le Corbusiers Unité d’habitation,
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1