Leseprobe

83 LEOPOLD WIEL Manfred Zumpe. Erinnerungen an den Studenten und Assistenten an der TU Dresden Manfred Zumpe hatte das Glück, bei Persönlichkeiten studieren zu können, die nicht nur anerkannte Fachleute waren, sondern zugleich Wegbegleiter ihrer Studenten in einer Zeit voller Probleme. Die Professoren führten unbeirrt von administrativen Eingriffen in ihre Lehrfreiheit die Tradition der Architekturabteilung der Technischen Hochschule Dresden fort, indem sie sich bemühten, kritische und universell gebildete Baufachleute heranzubil- den. Wie diese Aufgabe zu bewältigen sei, dazu waren die Meinungen oft unterschiedlich. Eberhard Hempel, Professor für Kunstgeschichte und Geschichte der Baukunst, charakte- risierte die Situation im Lehrkörper mit den Worten: »Ich freue mich, dass ich so viele Individualisten ummich habe«. Das war durchaus ernst gemeint. Alle Kollegen aber waren sich einig, dass der Professor ein »Bekenner« sein muss, der trotz mancher Widrigkeiten sich nicht beirren lässt und seiner Alma Mater auch in schweren Zeiten treu bleibt. Um den Studenten eine ihnen gemäße Entwicklung zu ermöglichen, wurde ihnen frei- gestellt, eine Vertiefungsrichtung nach ihren Neigungen zu wählen und damit auch die Professoren, bei denen sie die Hauptentwürfe und Diplomarbeiten anfertigen wollten. So wurde für viele von ihnen der wissenschaftliche Werdegang und die spätere Berufsrichtung angeregt, ohne sie zu einseitigen Spezialisten auszubilden. Manfred Zumpe wandte sich schon als Student zwei Themen zu, die ihn noch viele Jahre später beschäftigen sollten und zu international anerkannten Ergebnissen führten: dem Wohnungsbau und der Bauge- schichte Dresdens. Die Motivation zu seinem Werk »Entwicklung großstädtischer Wohn- formen in der modernen Architektur«, dessen Ergebnisse er in einem vielbeachteten Buch über Wohnhochhäuser veröffentlichte, hatte ihm die Vertiefungsrichtung für Wohn- und Gesellschaftsbau und seine Assistententätigkeit bei Professor Rolf Göpfert gegeben. Nach seiner Habilitation 1969 sollte er an die Architekturabteilung berufen werden. Leider schei- terten die Bemühungen des Kollegiums; die Berufung wurde von Parteitreuen vereitelt. Manfred Zumpe ließ sich nicht beirren, und er erlag nicht der Verlockung, seine Heimat- und Hochschulstadt endgültig zu verlassen. Er nutzte die Zeit, indem er neben umfangrei- chen Bauaufgaben an demManuskript »Die Brühlsche Terrasse in Dresden« arbeitete. Sein Interesse an diesem Thema war in ihm schon als Student von den Professoren Eberhard Manfred Zumpes Mitschrift der Vorlesung »Bauformen- lehre« von Otto Schubert

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