Leseprobe

Kulturbolschewiki 72 Kultur­ bolschewiki Die Entlassung von Karl Hanusch, Johannes M. Avenarius, Otto Lange und Wilhelm Heckrott 1933 – eine Chronologie Kerstin Stöver »Wenn es gelungen ist, gut anzufangen in Plauen, so möge es auch gelingen gut fortzusetzen«, so schrieb der Maler, Grafiker und Kunstgewerbler Emil Orlik 1926 in einem Brief an Karl Hanusch, »Ich will gern alles tun Ihre und Ihrer Collegen schätzenswerte [. . .] Bemühungen um das Kunstleben Ihrer Stadt aufs Beste zu fördern.« 1 Es war ein guter Start für Hanusch, den Absol- venten der Akademie der Bildenden Künste in Dres- den und Professor an der Kunstgewerbeschule Bres- lau, der 1922 auf Wunsch des sächsischen Innenmi- nisters den Posten des Direktors der Kunstschule Plauen übernahm. 1924, 1925 und 1929 holte er nacheinander seine Künstlerfreunde Johannes M. Avenarius, Otto Lange und Wilhelm Heckrott an die Einrichtung, um die künstlerische Ausrichtung zu stärken und neue Schülerkreise für die Ausbildung zu interessieren. Die Bemühungen Hanuschs, die Moderne mit dem Erwerb künstlerischer Werke von Malern wie Wassily Kandinsky, Paul Klee und Lyonel Feininger als Inspirationsquelle für die Studierenden ans Haus zu holen und mit Sonderausstellungen von Klee und Orlik sowie Vorträgen renommierter Persönlichkeiten 2 zum progressiven Kunstgeschehen der Zeit öffentli- che Aufmerksamkeit zu schaffen, fanden allerorts durchaus positiven Anklang. Beispiel waren überaus wohlwollende Kritiken zu einer Ausstellung von Schü- lerarbeiten in Chemnitz unter seinem Direktorat: »Der Vergleich der vorangegangenen Ausstellung der Dresdner Kunstgewerbeschule und Plauen zeigt wohl hauptsächlich den Unterschied der geistigen Leitung. Dresden scheint mehr wissenschaftlich, organisie- rend aufzubauen, in Plauen legt der Direktor Professor Hanusch den Hauptnachdruck auf die Weckung und Entwicklung der künstlerischen Phantasietätigkeit. [. . . ] Die Plauener riskieren allerhand [. . .] zeigen sich in der Form ungemein schöpferisch.« 3 Die Schule war mit einem breit gefächerten Unterrichtsangebot und engagierten Künstlerlehrern zu einer anerkannten Kunstschule und damit zu einem »Sprungbrett« zu weiterführender Ausbildung an den Kunsthochschu- len sowie ein kultureller Mittelpunkt der Stadt gewor- den. 1931 versuchte Bruno Paul, Hanusch an die 1 Auktionshaus Bassenge, 2015, Konvolut Briefe (8 illustrierte Briefe, 2 Postkarten) eigenhändig von Emil Orlik u.a. an Karl Hanusch, Brief Florenz, 29.9.1926. 2 Siehe auch den Beitrag von Konstanze Rudert in diesem Band, S. 66−71. 3 SächsStA-D 11125, 18129, S. 11, Zeitungs- ausschnitt von 17.8.1926.

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