Leseprobe

Spitzenherstellung im Vogtland 13 rasanten Verbesserungen der Bobinettechnik in Eng- land nicht Schritt halten. Obwohl es Wieck gelang, die neuesten Maschinenmodelle aus England mitzu- bringen und von 1835 bis 1838 insgesamt 38 der verbesserten Wieck-Bobinetmaschinen in Sachsen in Betrieb genommen werden konnten, wurden doch bis auf drei Maschinen 1839 alle an den Spitzenfa- brikanten Ludwig Damböck in Wien verkauft. 5 Die übrigen betrieb der Nottinghamer Maschinenbauer Mathias Mather in Sachsen weiter, allerdings er- wuchs daraus keine Industrie, was Wieck vor allem demmangelnden Kapital, fehlender Investitionsfreude sächsischer Unternehmer und dem niedrigen Tüll- preis anlastete. Von 1838 bis 1880 gab es in Sachsen keine Bobinetweberei. Die Wiedereinführung stand im engen Zusammenhang mit neuen deutschen Schutzzöllen von 1879 gegen Bobinetgardinen (so- genannte Englische Gardinen). 6 Die Anfänge der Maschinenstickerei Die allererste Stickmaschine wurde 1804 in Groß- britannien von John Duncan erfunden (Britisches Patent Nr. 2768). Sie erzeugte mit mehreren paralle- len Nadeln Kettenstiche auf einem horizontal zwi- schen zwei Walzen gespannten Stickboden. Ob sie ein Unikat blieb oder zumindest in Großbritannien Verbreitung fand, ist heute unbekannt. Für den Plattstich und einige andere Sticharten wurde 1828 eine Stickmaschine von Josué Heilmann in Mulhouse/Elsass erfunden. Während die erste Ma- schine 20 Sticknadeln parallel im Einsatz hatte, besaß die 1834 in Paris vorgestellte, verbesserte Version bereits 130 Nadeln in zwei Etagen übereinander bei einer maximalen Stoffbreite von 200 cm. Die industrielle Maschi- nenstickerei begann dann 1830 in der Ostschweiz (St. Gallen) und in Westsachsen (Plauen). Der Plauener Textilfabrikant Ludwig Böhler, der zum Kauf der Maschine im Januar 1830 persönlich nach Mulhouse reiste, wurde mit den Kinderkrankheiten Abb. 1 Inserat der Maschinenfabrik Albert Voigt in Kändler, 1864. 5 Ebd., S. 329. 6 Vgl. zur weiteren Geschichte der Gardinenindustrie den Beitrag von Beate Schad im vorliegenden Band, S. 22-27. Abb. 2 Pantografen-­ Schiffchenstick- maschine in der Stickerei-Fach- schule in Plauen, um 1920.

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