Leseprobe

Spitzenherstellung im Vogtland 14 der neu entwickelten Maschine (ohne erfolgte Ein- weisung von Bedienern in Plauen durch den Herstel- ler) nicht glücklich und verkaufte die Maschine bereits 1836 wieder. Sie kam dann ab den 1840er Jahren im Appenzeller Land zum Einsatz. Der Textilfabrikant Franz Mange in St. Gallen, der in den 1830er Jahren – dicht neben dem Stand von Ludwig Böhler – auf den Leipziger Messen vertreten war, warb vom Her- steller dessen vermutlich einzigen Stickmaschinen- mechaniker ab. Auch Mange hatte technische Prob- leme mit der Maschine, die man aber – anders als in Plauen − mit Zuversicht in diese neue Technik als erhebliche Produktivitätserhöhung gegenüber der Handstickerei allmählich beseitigte, sodass man Ende der 1840er Jahre eine stabil funktionierende Handstickmaschine entwickelt hatte, die in der Ost- schweiz hergestellt wurde. Als man im Vogtland Mitte der 1850er Jahre realisierte, durch die deutlich preiswertere Maschi- nenstickerei aus der Schweiz den Anschluss zu ver- passen, bemühte sich der Plauener Fabrikant Fedor Schnorr 1855 um den Kauf von Stickmaschinen in St. Gallen. Er bekam jedoch von den wenigen dama- ligen Herstellern keine Maschinen verkauft, da die lokalen Stickereifirmen vermutlich Druck auf die Her- steller ausübten, nicht ins Ausland zu verkaufen. Für ein angebliches Ausfuhrverbot der Schweiz gibt es jedoch keinerlei Belege. Auf einer Studienreise zur Textiltechnik und Ausbildung in der Ostschweiz fand der Lehrer der Königlichen Gewerbeschule Plauen, Friedrich Kohl, einen Hersteller, der unter Geheimhal- tung bereit war, Stickmaschinen nach Sachsen zu verkaufen. Schnorr hatte keine Idee, wie diese Be- schaffung organisiert werden könnte, bis 1856 Kohl an die Königliche Gewerbeschule nach Chemnitz wechselte und in seiner Klasse Albert Voigt saß, des- sen Namen er aus einer Schweizer Maschinenfabrik kannte, wo der Drechsler-Geselle sich von 1851 bis 1852 zum Eisendreher umschulen ließ. Kohl fragte ihn, ob er es sich zutrauen würde, für einen Plauener Fabrikanten aus der Schweiz eine Stickmaschine zu beschaffen. Albert Voigt willigte ein und reiste, mit Unterbrechung seiner Ausbildung, Anfang April 1857 mit dem Gesellen-Wanderbuch als Reisepass und reichlich Handgeld der Fa. Schnorr & Steinhäuser nach St. Gallen. Voigt trat bei dem lieferbereiten 7 SächsStA-C 31004 Maschinenfabrik Kappel AG , Chemnitz und Nachfolger, Nr. 161. Festschrift der S ächsischen Stickmaschi- nenfabrik AG Kappel zum 25-jährigen Firmenjubiläum 1885. 8 SächsStA-D 10736 Ministerium des Innern, Nr. 6022, Bericht Hülßes vom 29.3.1863 an das Kgl. MdI. Stickmaschinen betr. 9 Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer Plauen auf das Jahr 1868, 1870, S. 202. 10 Weltausstellung Wien 1873, S. 362. Abb. 3 Teilansicht einer Automaten­ stickerei mit Lochkartensteue- rung »System Zahn«, um 1920.

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