Leseprobe

7 Der Rat ist gut und klingt durchaus modern: »In Dresden hat man vor allen Dingen dahin zu trachten, daß man das sogenante grüne Gewölbe oder die Schatz-Cammer zu sehen bekomme.« 1 Johann Georg Keyßler war einer der ersten, die im Oktober 1730 das neu als Schatzkammermuseum eingerichtete Grüne Gewölbe besichtigen konnten. In seiner als Briefsammlung konzipierten Reisebeschreibung der Sehenswürdigkeiten Mitteleuropas, einem vielgelesenen Baedeker des 18. Jahrhunderts, zeigte er sich vom damaligen Grünen Gewölbe fasziniert. Zugleich aber irritierte ihn dessen Name. Auch heute fragen sich die Besucher dieses einzigartigen Museums, woher der seltsame Name stammt. Woher kommt der Name? Die Bezeichnung »Grünes Gewölbe« ist erstmals für das Jahr 1572 belegt. Damals hatte Kurfürst August zahlreiche Apfelbaumzweige (Edelreiser) als Geschenk erhalten, die er im Bereich des Zwingers, also auf der großen Freifläche zwischen der Westfassade des Schlosses und dem Festungswall, auf bereits eingepflanzte Wildstämme setzte (pfropfte). »Diese gemeltte reiser seint zu Dresden in gartten nicht weit vom grünen gewelbe durch meines gnädigsten hern eigener person anno 72 gepfropffet worden.« 2 Die Raumfolge im Erdgeschoss des als Wohn- und Regierungsflügel des sächsischen Kurfürsten und seiner Familie dienenden Westflügels im Dresdner Schloss war infolge der Vergrößerung des Herzogssitzes zur Residenz zwischen 1549 und 1552 entstanden. 1548 war Herzog Moritz von Kaiser Karl V. zum Kurfürsten erhoben worden – anstelle seines der Reichsacht ver- fallenen Vetters zweiten Grades, Johann Friedrich von Sachsen, aus der älteren Linie der Ernestiner. Als Kurfürst von Sachsen gehörten Moritz und – nachdem er 1553 in einer Schlacht tödlich verwundet worden war – sein Bruder August sowie dessen Erben zu den ranghöchsten Fürsten des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Die Kurfürsten wirkten in einem sieben Köpfe umfassenden Kollegium an der Regierung des Reiches mit, berieten den Kaiser und wählten nach dessen Tod einen Nachfolger zum römisch-deut- schen König. Sachsen war sehr reich an Bodenschätzen, insbesondere Silber, und damals schon hoch industrialisiert. Auch deshalb zählten die albertinischen Wettiner zu den einflussreichsten und mächtigsten Fürsten Europas. Für die neue Kurfürstenwürde be­ nötigten sie aber ein repräsentatives Schloss, das ihrem höfischen Status entsprach. Unter diesem Gesichtspunkt wurden das alte Herzogsschloss erheblich erweitert und der West- flügel des Schlosses erbaut. Dirk Syndram Der Traum des Königs D A S G R Ü N E G E W Ö L B E Z U D R E S D E N 1 Eckkabinett im Historischen Grünen Gewölbe

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