Leseprobe
18 der Kirche veranlasst, um »mithin den künftigen Ein- wohnern dieser Stadt und andern Freunden der Alter thümer dadurch das Andenken derselben zu hinterlas- sen«, so Heinss in seinem Bericht für das Programm der Ritterakademie von 1752.78 Dieser Bericht wurde 1827 zusammen mit dem Grundriss sowie dem »Prospect« (Südansicht) der Kirche veröffentlicht (Abb. 4). Die nicht mehr vorhandenen Zeichnungen, die diesen Kup- ferstichen als Vorlage dienten, wurden demNaturwissen- schaftler und Prediger Alphonse de Vignoles zugeschrie- ben, der zwischen 1706 und 1712 als Prediger der refor- mierten Gemeinde in Brandenburg beschäftigt war.79 Die insgesamt fünf oder sieben angefertigten Kupferplat- ten sind heute verschollen.80 Bekannt ist neben der Süd- ansicht und dem Grundriss nur noch der Längsschnitt, den Adler erstmals 1862 publizierte (Abb. 5).81 Der siebenseitige Aufsatz von Heinss beinhaltet geschicht- liche Hintergründe sowie eine kurze Beschreibung der Kirche selbst. Dabei bezieht er sich vornehmlich auf die Berichte der brandenburgischen Historiographen Zacha- rias Garcaeus (auch Gartz, 1544‒1586)82 und Nicolaus 4.1 Zur Quellenlage Bevor die Gestalt der Kirche ausführlich beschrieben wird, soll zunächst erläutert werden, welche schriftlichen und bildlichen Quellen überhaupt vorliegen, um den Bau rekonstruieren zu können. Selbst von den Funda- menten der Kirche haben sich lediglich Reste der Krypta des westlichen Anbaus aus dem 15. Jahrhundert erhalten, der im Zuge der Stiftsgründung oder der Gründung des sogenannten Schwanenordens angefügt wurde.76 Neben einigen Feldsteinen, die ein Teil des Fundaments bildeten und Ziegeln im Klosterformat, kamen während der Fun- damentierung des neu errichteten Kriegerdenkmals 1874 noch einige Formsteine zu Tage.77 Die von August Oet- ken angefertigten Zeichnungen dieser Formsteine wer- den in der Graphischen Sammlung des Stadtmuseums Berlin aufbewahrt und wurden teilweise bei Eichholz publiziert (Abb. 2, 3). Kurz vor dem Abriss der Kirche 1722/23 hatte Joachim Christoph Heinss, Direktor der Ritterakademie in Bran- denburg, eine »genaue Ausmessung und Verzeichnung« 76 Siehe Seebacher/Gahlbeck/Müller 2007, S. 320 und Müller 2015, S. 223. Auf diesen Bau kann in der vorliegenden Arbeit nur am Rande eingegangen werden. 77 Siehe Geisler 1962, S. 66 f. 78 Heinss, Joachim Christoph, Beschreibung der auf dem Berge bei Brandenburg gestandenen Marien Kirche. Aus dem Program(m) des verstorbenen H[errn] Joachim Christoph Heinss, Director des Ritter Collegii zu Brandenburg vom Jahre 1752, Steindruck von J. G. Wage ner in Brandenburg 1827, S. 2 f. Domstiftsarchiv Brandenburg a. d. H., Sign. 4°D572. 79 Siehe Eichholz 1912, S. 121 f.; Badstübner 2002, S. 26. Die Zu- schreibung auf Vignoles geht auf eine Aussage Tschirchs zurück (Jahresbericht des historischen Vereins zu Brandenburg a. d. H., 21‒25 (1894), Vereins-Chronik S. IX), der diese Angabe der unver- öffentlichten Fortsetzung von Johann Christoph Bekmanns »Märki- scher Geschichte« entnahm. Die Information, dass die Zeichnungen auf Vignoles zurückgehen, ist bei Adler nicht angegeben. Irritierend ist, dass auch Heinss Vignoles nicht nennt. Die Zuschreibung müsste folglich noch einmal überprüft werden. 80 Nach Adler (1862, S. 6), der die Kupferplatten vermutlich ge- sehen hatte, waren es insgesamt sieben. Sie umfassten: Einen Situa- tionsplan der Stadt, den Grundriss mit Prospect, den Längsschnitt, ein Bildnis des Triglaws, zwei Geschmeidehalsketten des Schwanen- ordens sowie mehrere Wappen. Nach Eichholz (1912, S. 122) und zuletzt Müller (2015, S. 5) waren es nur fünf Kupferplatten. Zur Zeit von Eichholz befanden sich die Platten noch in Besitz der Bibliothek der vereinigten städtischen Gymnasien und waren mit I ‒V beziffert. 81 Nach Müller (2015, S. 210) soll bereits der Beschreibung von Heinss ein Längsschnitt beigefügt gewesen sein. Dem Exemplar im Domarchiv Brandenburg liegt allerdings nur der Grundriss sowie die Südansicht bei. Adler (1862, S. 6) selbst schrieb, dass der Längs- schnitt bei ihm das erste Mal veröffentlicht wurde. Heinss bezieht sich in seiner Beschreibung nur auf den Grundriss sowie den »Pro- spect«. 82 Garcaeus, Zacharias, Successiones Familiarum Atque Res Gestae Illustrissimorum Praesidum Marchiae Brandenburgensis Ab Anno DCCCCXXVII. Ad AnnumMDLXXXII [...], in: Nicolaus Leutin- ger: Scriptorum De Rebus Marchiae Brandenburgensis Maxime Celebrium Nicolai Leuthingeri De Marchia Et Rebus Brandenburg- icis [...], 2 Bde., Frankfurt/Leipzig 1729. Garcaeus nahm als Aus- gangspunkt für seine Ausführungen die topographische Skizze des Gelehrten Georg Sabinus (1508‒1560) »De Brandebvrgo, Metropoli Marchiae« (ca. 1552), der er Anmerkungen hinzufügte. Siehe Noak/ Splett 2009, S. 153; Sabinus 1581, S. 79‒81. 4. Beschreibung
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1