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21 2 3 Pfennige Kipper, Sachsen, 1622, Dm. 15,9 mm, Gew. 0,85 g, Staatliche Kunstsammlung Dresden, Münzkabinett, Inv. Nr. 2012/1869 (1612 ca. fünf bis sechs Mio. Gulden).8 Zwar hatte Johann Georg I. seit 1612 zur Landesverteidigung das Defensionswerk aufgebaut, das sich aus angeses- senen – und militärdienstpflichtigen – Männern nach Kreisen und Ämtern rekrutierte, diese Miliz mit ins- gesamt knapp 14000 Mann hatte aber nur bedingten militärischen Wert und war zur Verteidigung fester Plätze, zum Einsatz hinter den Stadtmauern und zum Schutz der Grenzen gedacht. Die kosteninten- sive Anwerbung von schlagkräftigen Söldnertruppen verschärfte wiederum die wirtschaftlich bedrohliche Inflation der Jahre um 1620, der sogenannten »Kipper- undWipperzeit« (ABB. 2) . Ein gedrucktes Patent von 1635 veranschaulicht die enormen Unterhaltskosten für professionelles Militär: Als Versorgungssatz in Geld oder in Naturalien standen einem gemeinen Fußsoldaten 16 Groschen oder anderthalb Pfund Fleisch, zwei Pfund Brot sowie zwei Maß Bier pro Tag zu (Milizionär oder Defensioner: sechs Groschen).9 Im weiteren Kriegsverlauf wurde die Kreditbeschaffung für alle Akteure immer schwieriger – der sächsische Schuldenstand belief sich 1628 bereits auf geschätzte 13 Millionen Gulden (1646 geschätzte 22 Mio., 1657 ca. 25 Mio. Gulden). Ein charakteristisches Beispiel ist der Versuch des kurfürstlichen Bevollmächtigten Friedrich Lebzelter, 1634 bei der Reichs- und Hanse- stadt Lübeck ein Darlehen in Höhe von 100 000 Reichstalern aufzunehmen. Nach langwierigen Ver- handlungen liehen die vorsichtigen Lübecker der Dresdner Rentkammer für zwei Jahre 10 000 Reichs- taler zu sechs Prozent Zinsen, also lediglich ein Zehntel der dringend benötigten Gelder.10 Die all- gemeine Notlage führte einerseits zu einer drasti- schen Erhöhung der Steuern, andererseits aber auch zu einer zukunftsweisenden fiskalischen Innovation: der Anlage von flächendeckenden »Fundamental­ katastern« zur systematischen Erfassung aller nicht- privilegierten Grundbesitzer (ab 1628), mit denen künftig – und bis zu den Abgaben- und Steuerrefor- men in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – die Individualbeiträge zu den kurfürstlichen Landes- steuern festgestellt werden konnten.Wie andernorts auch, beschleunigte der große Krieg den Übergang Kursachsens zum modernen »Steuerstaat«.11 Originalgröße

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