Leseprobe

47 Porträts, wie man sie etwa in fürstlichen Ahnengale- rien findet, in denen der Herrscher als corpus naturale Teil einer Chronologie wird.17 Zeller konnte dieses Phänomen in den Gemälden der Ahnengalerie der Wettiner im Langen Gang des Stallhofs studieren, beauftragt von Christian I., gemalt von Heinrich Gö- ding zwischen 1588 und 1589. Die Publikation des Petrus Albinus mit dem Titel Progymnasmata [...] (= Vorübung) von 1585 lieferte dafür eine im Ver- ständnis der Zeit topaktuelle Genealogie.18 Albinus hatte mit Harderich, der um 80 v.Chr. regierte, den Stammvater der Wettiner festgelegt. Diese »Brico- lage aus altbekannten Elementen, neuen Funden und Postulaten, [...]« diente dem Maler Göding als Handreichung.19 Deren publizistische Fortsetzung folgte 1597 mit gestochenen Illustrationen, die nun- mehr Heinrich Göding »auff Kupfer bracht« hatte.20 Genealogisch-historiografische Literatur hat auch Zeller für die Ahnenreihe auf dem Rumpf sei- ner Fregatte genutzt, was bislang nicht bekannt war. Selbst in der exzellenten Publikation von Olav Hei- nemann zum Herkommen des Hauses Sachsen (2015) gibt es keinen Verweis auf Zellers Fregatte . Zum ers- ten Mal lässt sich nunmehr nachweisen, dass Zeller ebenfalls auf Albinus, allerdings auf dessen New Stammbuch [...] von 1602 Bezug nahm.21 Damit war die Ahnenreihe der Wettiner mit 48 Herrschern (en- dend bei Christian II.) kanonisch gesetzt, eine impo- sante Anciennität des Herrscherhauses postuliert. Nummer um Nummer folgte Zeller der von Albinus festgelegten Abfolge, beginnend bei bereits erwähn- tem Harderich. Auf Basis dessen hatte Zeller den Schiffsrumpf zum corpus dynasticum 22 umfunktio- niert (ABB. 3) . Die imposante Fregatte als Ganzes versinnbildlicht das Ideal der dynastischen Un­ sterblichkeit, denn die Stammreihe verband Johann Georg I. mit seinen Ahnen. Damit schien selbst in machtpolitisch schwierigen Zeiten Kontinuität ge- sichert, genealogische Beständigkeit und Stabilität garantiert.23

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