Leseprobe

77 CLAUDIA BRINK »Die Angst und die Not, in der wir jetzt leben, ist mit Worten nicht zu beschreiben« 1 Bilder und Berichte aus dem Dreißigjährigen Krieg Der Dreißigjährige Krieg ist als eine der gewalttä- tigsten und verheerendsten Phasen der europäischen Geschichte in das kollektive Gedächtnis eingegan- gen. Kein Krieg vor dem 20. Jahrhundert hat so hohe Verluste an Menschenleben und weitreichende Ver- wüstungen mit sich gebracht wie die zwischen 1618 und 1648 ausgefochtenen Kämpfe um Einfluss und politische Vorherrschaft in Europa. Schätzungsweise ein Drittel der Gesamtbevölkerung des damaligen Heiligen Römischen Reiches kam aufgrund von Ge- walt, Hunger und Seuchen ums Leben, in manchen Regionen waren die Opferzahlen allerdings deutlich höher. Eine ganze Generation kannte nichts anderes als den Krieg. Ländliche Gebiete wurden entvölkert, Dörfer verschwanden für immer von der Landkarte und Städte wie etwa Magdeburg im Jahr 1631 erlitten schwere Zerstörungen.2 Sachsen war besonders in der zweiten Kriegshälfte Schauplatz von Kampf- handlungen: Bautzen und Leipzig wurden mehrfach erobert, wohingegen Dresden verschont blieb. Hier fielen die Menschen jedoch der Pest zum Opfer.3 An die Not der Bevölkerung erinnern noch heute die sogenannten Schwedenlöcher in der Sächsischen Schweiz, in denen sich die Menschen vor schwedi- schen Truppen in Sicherheit brachten. Die Künste im Krieg Obwohl der Dreißigjährige Krieg der Bevölkerung bespielloses Leid zufügte, sie ihrer Lebensgrundlage beraubte und große Flüchtlingsströme in Gang setzte, kam die Kunstproduktion während dieser Zeit nicht zum Erliegen. Zwar waren Künstler ebenfalls von Vertreibung, Krankheit und Hunger betroffen oder mussten selbst in den Krieg ziehen, weil Auf- träge ausblieben, ihre Arbeit war aber nach wie vor gefragt – sei es, weil das Kriegsgeschehen für die Nachwelt festgehalten werden sollte, weil Herrscher 1 Allegorie auf den Krieg (Ausschnitt) Peter Paul Rubens, 1628, Öl auf Holz, H. 36 cm, B. 50 cm, Vaduz-Vienna, LIECHTENSTEIN, The Princely Collections, Inv. Nr. GE 59

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