Leseprobe
23 Motten entstanden, dann später als repräsentative Herrenhäuser und Schlösser erneuert, verkörpern bedeutende Bau- und Kunstdenkmale ihrer Zeit.« 13 Die Geisteshaltung der Aufklärung fand durch die enge Verwandtschaft der Ernestiner zum englischen Königshaus früh ihren Weg in das Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg und in die Region. Inspi riert durch seine Grand Tour, die Bildungsreise der adligen Söhne, gab der Erbprinz und spätere Herzog Ernst II. 1766 einen Englischen Garten an Schloss Friedenstein in Gotha in Auftrag. Die kurländische Herzogin Anna Dorothea, seit 1794 Besitzerin des Ritterguts Löbichau, ließ in Löbichau und Tannenfeld Schlösser im klassizisti schen Stil erbauen und die Umgebung in landschaft licher Manier gestalten (siehe S. 60 ff.). Ihr »Musen hof« lockte besonders in den Sommern von 1819 bis 1821 adlige und bürgerliche Freunde in die Mitte Europas. Gesellschaftliche Größen der Zeit wandel ten durch die gepflegten Parkanlagen, rezitierten am Abend im Salon Gedichte oder spielten Theater im »Comödienhaus« im Park. Sogar der russische Zar Alexander I. machte hier, als Heiratsvermittler nach dem Fürstenkongress in Erfurt 1808, auf seiner Heimreise Station. Als Minister und Vertreter des herzoglichen Hauses in Altenburg ließ Hans Wilhelm von Thümmel an sei nem Stadtpalais in Altenburg und auf seinen Gütern in Nöbdenitz und Untschen von »Ahorn, Pappeln, Eichen, Akazien und Rüstern« 14 bestandene Parkan lagen errichten, die »mit ihren Grotten, Verstecken, Sonnenlicht, Wiesen und Blumen, Vogelsang und Was serplätschern« 15 bezauberten. Als bedeutender Staats beamter förderte Thümmel auch die Bepflanzung der Chausseen im Herzogtum mit Obstbäumen. In seinem ganzen Tun folgte er dem Bildungsprogramm der Auf klärung mit der »schönen, äußeren Natur, die innere Natur des Menschen« 16 zu verbessern. Denn in der Gartenkunst ist ein Garten »nach Kriterien gestaltet [. . .], die diese Orientierung am Nutzen übersteigen und so mit einem höheren Sinn verbunden werden. [. . .] dann kultiviert ein Garten zusammen mit den Pflanzen auch Ideen.« 17 Allerdings setzen »[. . .] der Ziergarten und die öffentliche Anlage [. . .] schon ein entwickeltes Staatswesen, kirchliche und weltliche Herrschaft, Volkswohlstand und Luxus voraus.« 18 Da die Trennung zwischen Adel und Bürgertum durch das neue Gedankengut allmählich durchlässiger wurde und die Gärten als Orte der Bildung öffentlich zugänglich wurden, fan den die Ideen der Aufklärung auch Eingang in die Gärten des Bürgertums wie den Wagnerschen Garten in Altenburg (siehe S. 64 ff.). Entsprechend seinem letzten Willen und dem Leit spruch der Aufklärer »Zurück zur Natur« wurde Thümmel an der alten Eiche von Nöbdenitz begra ben. Die enge Beziehung zwischen Geisteshaltung und Gartenkunst als Spiegel gesellschaftlicher Ent wicklungen beschrieb Hans von Trotha so: »Die Philosophie jener Zeit fand ihr vielleicht schlagends tes Abbild in den Gärten der Epoche. Diese histori schen Gartenmodelle waren mehr als bloße Moden, sie waren Ausdruck einer jeweils aktuellen Weltan schauung.« 19 Der romantische Landschaftsgarten des 19. Jahrhunderts ist der letzte Ausdruck der Gartenkunst. Freiherr Börries Ernst von Münch hausen und sein Sohn Börries Albrecht, der bekannte Balladendichter, legten noch zu Beginn des 20. Jahr hunderts am Wasserschloss Windischleuba land schaftliche Partien mit einem Tempelchen und einer Abb. 3 Altenburger Landes ausstellung, 1886, Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Altenburg, Bildersammlung, Nr. 1856, S. 10
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