Leseprobe

84 Im späten 18. Jahrhundert wurden in der Kunst des japanischen Farbholz- schnitts Darstellungen von Helden der japanischen Geschichte und Mytho- logie sowie historischer Ereignisse populär – die sogenannten musha-e. Da es in der Edo-Periode (1603–1868) verboten war, über die Tokugawa- Shōgune zu schreiben oder sie bildlich darzustellen, griffen die Künstler auf Ereignisse vor 1600 und auf Texte der japanischen sowie chinesischen Literatur zurück. Vor allem in der Mitte des 19. Jahrhunderts war dieses Sujet besonders beliebt. Utagawa Kuniyoshi (1798–1861) und seine Schüler schufen viele dieser populären Darstellungen. Zu den letzten großen Holz- schnittkünstlern dieser Gattung gehörten Toyohara Kunichika (1835–1900) und Tsukioka Yoshitoshi (1839–1892). Der japanische Roman Die Geschichte vom Prinzen Genji, der der Hofdame Murasaki Shikibu (um 978–1014) zugeschrieben wird, war eine beliebte Vorlage für zahlreiche Holzschnitte der musha-e. Prinz Genji, der seine Zeit mit den schönen Künsten – wie Malerei, Dichtung und Kalligrafie – sowie mit militärischen Sportarten verbrachte, war zeitlebens auch den amourö- sen Abenteuern zugetan und hatte zahlreiche Liebschaften. Nach dem Tod seines Vaters ging er freiwillig in die Verbannung, kehrte aber später an den Hof zurück und setzte seinen früheren Lebenswandel fort, ehe er sich in ein Kloster zurückzog. Zwei Blätter der Sammlung thematisieren diese literari- sche Vorlage als Travestie aus dem 19. Jahrhundert. 56 Utagawa Kunisada II. Aus den glücksbringenden Genji- Geschichten, das Kapitel Pflaume 1864

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