Leseprobe

Godfred Christensen Kopenhagen 1845–1928 Kopenhagen Godfred Christensen kam 1860 im Alter von 15 Jahren an die Kopenhagener Akademie und studierte bei dem Land­ schaftsmaler Frederik Kiærs­ kou. Ab den 1860er Jahren unternahm er viele Reisen auf das europäische Festland und war mehrmals in Deutschland und in der Schweiz, am häu­ figsten jedoch in Paris. Auf diese Weise kam Christensen mit zeitgenössischen franzö­ sischen Kunstströmungen in Kontakt. Im Verlauf der 1870er Jahre schloss er sich jener Gruppe junger Maler an, die begann, die institutionelle Ausbildung an der Kopenhage­ ner Akademie zu kritisieren und sich stattdessen um den Landschaftsmaler Vilhelm Kyhn versammelte. Dieser auch als »Höhlenakademie« bezeichnete Kreis ebnete 1882 den Weg zur Gründung einer unabhängigen Kunstschule, der »Kunstnernes Studie­ skole«.1 Christensen wurde Mitglied der Kopenhagener Akademie und 1897 auch Professor.2 G 3974 Dänische Sommer­ landschaft 1869, Öl auf Leinwand, 30,4×42 cm Bezeichnet unten rechts: G C 69 Provenienz: Bruun Rasmussen 2014, Kat.-Nr. A1444/135 C hristensen schichtete seine Dänische Sommerlandschaft in vier horizontale Bereiche: eine Wiese mit halb verstecktem Gewässer, ein Getreidefeld, einen Streifen Wald und den Himmel. VomWind getriebene Wolken dominieren die obere Bildhälfte, der ebenso viel Fläche eingeräumt wird wie der Erde. Christensen nahm sich die Zeit, auch Feldpflanzen – Margeriten, Klee und Gräser – in all ihrer Vielfalt zu schildern. Hinter der Vordergrundpartie, die dazu einlädt, einen Blumenstrauß zu pflücken und sich danach vielleicht auf demStein in der Mitte niederzulassen, kommt ein kleiner Teich oder Feldbach zumVorschein. Hier kann sich der Blumenpflücker die Füße kühlen, bevor er das sonnige, hellgelbe Kornfeld betritt. Aus dem Feld streckt ein Reetdachhaus seinen Giebel hervor. Die feine Detailschilderung ist charakteristisch für die frühenWerke Christensens; die Ent- stehung im Atelier ist ihnen anzumerken.3 So wirkt auch unser Gemälde recht durchkom- poniert. Durch den Unterricht bei Frederik Kiærskou, Schüler Christoffer Wilhelm Eckers- bergs und Johan Ludwig Gebhard Lunds, sowie den Einfluss Peter Christian Skovgaards wurzelte Christensen als junger Maler fest in der dänischen Landschaftstradition des Gol- denen Zeitalters. 1869, im Jahr der Entstehung dieses Bildes, sah Christensen in Paris erst- malig Werke aus demUmfeld der Schule von Barbizon sowie von Eugène Delacroix, einem künstlerischen Wegbereiter des Impressionismus.4 CB 1 Czymmek 1998, S. 28. 2 Marcussen 1994 c. 3 Kähler/Hansen 1981, S. 394. 4 Wendermann 2010, S. 30.

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