Leseprobe

Von jeher redeten die an der Gegenküste beheimateten Dänen ein gewichtigesWörtchen in unserer Region mit, sei es als Invasoren, Lehensherren, Klostergründer oder durch dynas- tisch-verwandtschaftliche Beziehungen, die in umgekehrter Richtung im 14. Jahrhundert allerdings auch einen Bogislaw von Pommern-Stolp als Erik VII. auf den dänischen Thron bringen konnten. Die geografische Nähe – Kopenhagen liegt nur 183 Kilometer Luftlinie von Greifswald entfernt – mit ihren landschaftlichen und wesensmäßigen Entsprechungen führte zu einem regen kulturellen Austausch, der sich insbesondere in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts intensivierte, zumal Schleswig und Holstein zu dieser Zeit dänisch waren. Um 1800 zog die Hauptstadt des ältesten europäischen Königreichs mit einer der modernsten und liberalsten Akademien Europas zahlreiche norddeutsche Künstler an. So unternahmen Caspar David Friedrich und Philipp Otto Runge aus Schwedisch-Pommern und später auch der Mecklenburger Georg Friedrich Kersting in Kopenhagen ihre ersten künstlerischen Gehversuche, womit das, was heute als die »deutsche Romantik« weltweit ein Begriff ist, in Dänemark zur Welt kam, wie der ehemalige Direktor der Alten National- galerie in Berlin, Philipp Demandt, pointiert formulierte. Umgekehrt kontaktierten später zahlreiche der nach Italien reisenden Schüler der Kopenhagener Akademie den in Dresden lebenden Norweger Johan Christian Dahl und dessen im Stockwerk unter ihmwohnenden Freund Caspar David Friedrich – so wirkte die Romantik auf die Akademie im Norden zurück. Das zeigt sich auch durch die lebenslang gepflegte Studienfreundschaft zwischen Friedrich und dem in Kiel geborenen Johan Ludwig Gebhard Lund. Dieses vielfältige Geflecht aus Lehre, gegenseitiger künstlerischer Anregung und Nachbar- schaft ließ sich bisher museal nicht sichtbar machen, da das Pommersche Landesmuseum in Greifswald kein einziges dänisches Gemälde besaß. So war es denn ein Glücksfall, als der passionierte Berliner Kunstsammler und einstige Zeitungsverleger Christoph Müller im April 2016 seine in nur vier Jahren zusammengetragene Sammlung dänischer Romantiker und Realisten vom späten 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert dem Land Mecklenburg-Vor- pommern zur Präsentation im Pommerschen Landesmuseum schenkte. Nun kann dieses, quasi über Nacht, 387 solcher Werke (160 Gemälde, 175 Zeichnungen und Aquarelle und 52 Druckgrafiken) von fast 120 Künstlern präsentieren und damit über die mit Abstand größte Sammlung dänischer Malerei aus deren bedeutendster Zeit in einem deutschen Museum verfügen. Die Werke befinden sich im Bestand der Staatlichen Schlösser, Gärten und KunstsammlungenMecklenburg-Vorpommern undwerden demPommerschen Landes­ museum als Dauerleihgabe überlassen. Sie sollen in wechselnden Präsentationen imRah- Als die Dänen nach Mecklenburg-Vorpommern kamen BIRTE FRENSSEN

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