Leseprobe

103 1921 bis 1927 G 4 Brief von Grünberg undatiert Verehrter Meister, Anbei eine adressierte Karte – bitte nur um Bescheid, ob Sie einen Brief von mir erhalten haben. Bruno C. 8 hat sich bis heute nicht gemeldet. Am Donnerstag erreichte ich Geh. Friedländer. 9 Er wusste sofort, wer ich bin. Am nächsten Tag bei mir. In kurzen Worten berichtete [sic] die Entstehung u. Beweggründe des Spog. In 1 1/2 Stunden sah er nur ein Paar Glasplatten und mehrere Kopien. Sagte nur, dass unsere Kopien auf dem photopapier [sic] besser sind als die der Franzosen. 10 Zum Schluss wollte er sich äusseren [sic] über das gesehene [sic] des einen Experiments, aber mit meiner gewohnten Freundlichkeit fuhr ich dazwischen mit den Worten: »Herr Geh., ich habe Ihr Gesicht beobachtet«. Er lachte »nun, brauche ich nichts mehr zu sagen«. »Nein, aber viel nachdem Sie alles gesehen haben«. Fährt nach Köln. Kommt am Freitag /wieder/ u. bleibt zum Abendbrot. Der Dir. Hiehle war bald nach dem Brief Ihres Herrn Neffen bei mir und dann zum zweiten Mal. Habe mich mit ihm ausgezeichnet verständigt. In der ersten Reihe muss das richtige Patent angemeldet werden. Alles ist im bestem [sic] Gange. Gestern Orlik gesprochen u. ihm über alles berichtet. Versprach mir jegliche Zusammenkunft mit B. C. & Geh. Fr. zu vermeiden, damit ich unbeeinflusst vom Letzterem [sic] mir Bescheid hollen kann und den Ersteren auf seine Schwerfälligkeit [sic] Habe das Gefühl, dass es sehr günstig ist mit Geh. F. in Abwesenheit der Künstler zu sprechen: man sieht dann klar, ob die Sache ihn interessiert. Falls nichts dazwischenkommt, hoffe ich Ende der Woche Ihnen Bericht erstatten zu können. Habe noch ein Paar Plaketten 11 gegossen, von denen Sie nichts mehr wissen – Es soll für Sie eine Überraschung sein. Erhielt gestern von Kocherthaler, 12 der augenblicklich in Madrid weilt, ein Geschenk: Los Desastres de la Guerra!!? 13 Widmung lautet: »Zum Andenken an die an mir vom – ais – verübten Greueltaten.« Darf ich eingebildet sein? Sie sagen ja. Nun, ob Greueltaten weiss der Patient besser, aber wir beide wissen, dass ich ein Meisterwerk bei ihm im Munde komponiert habe. Kapitän Griesinger hat mich telephonsch [sic] angerufen. Danke für die Grüsse. Lesen Sie Briefe? Das muss ich wissen! Viele Grüsse an Ihren Herrn Schwager. Die Familie ist wohl schon unterwegs. Was macht der Lack? Alles Gute & Schöne Ihr Grünberg 6 / James Gillray, britischer Radierer und Karikaturist. 7 / Grünberg ver- wahrte die Druckgrafiken von Slevogt meist in aufwendigen Mappen aus Zedernholz oder Leinen auf und bat dann den Künstler, diesen Einband mit einer Zeichnung zu versehen. Vgl. u. a. Abb. 9 und 10, S. 19, Kat. 1.9–1.12, Abb. 18 und Abb. 19. 8 / Bruno Cassirer war der Verleger von Max Slevogt und sollte auch Grünbergs »Grafische Expe- rimente« herausbringen. Vgl. dazu Ein- führung, S. 98–99. 9 / Geheimrat Max J. Friedländer, Direktor des Kupferstich- kabinetts Berlin. 10 / Diese Technik des Glasklischeedrucks hatten bereits Jean-Baptiste Camille Corot oder Charles-François Daubigny benutzt. Vgl. den Beitrag »Hexenküche« von K. Feulner in diesem Band, S. 60–62. 11 / Hier handelt es sich um Versuche mit Specksteinen, deren Motive in Sil- berfolie gestanzt wurden. Ein Beispiel hierfür ist der im folgenden Brief von Grünberg erwähnte Bogenschütze (Abb. 3). 12 / Vermutlich der Kaufmann Julius Kocherthaler, der bereits in jun- gen Jahren nach Madrid gegangen war und für die dortige Niederlassung der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft in Berlin gearbeitet hatte, deren Direk- tor er 1901 geworden war. Die Familie besaß auch ein Landhaus in Berlin- Dahlem, Am Hirschsprung 49. Diese und die folgenden Informationen zur Familie Kocherthaler verdanke ich Barbara Wolff, Albert-Einstein-Archiv, Jerusalem, Israel. 13 / Francisco de Goya, Desastres de la guerra , 1810– 1814, Aquatinta, Radierung. Zur Aus- einandersetzung Slevogts mit Goya vgl. S. Paas (1992), S. 95–105.

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