Leseprobe
15 »Verehrter Meister!« – »Sklaventreiber« – »Lieber Freund« Dorthin reiste er danach noch mehrfach, meist, um zu unterrichten. Seine bedeutendsten Forschungs‑ beiträge waren der Bau des Symmetriscopes, ein tischähnliches Gerät, das es dem Operateur ermöglicht, zwei Hälften des gleichen Zahnbogens exakt symmetrisch zu vergleichen, sowie die Entwicklung einer Absaugkanüle, die seinen Namen trug (»Grünberg Blow-Pipe«). 13 Ein tiefer Einschnitt war ein Schlagan‑ fall, den er im Sommer 1928 erlitt und von dessen Folgen er sich zeitlebens nicht mehr ganz erholte. 14 Grünberg war nie verheiratet und hatte keine Kinder. Er hatte ein unglaubliches technisches Verständ‑ nis, daher fragte ihn Slevogt auch in Briefen um Rat, etwa wenn es um die passende Glühbirne für seinen Musiksaal in Neukastel ging oder er sich ein Radio anschaffen wollte. 15 Und natürlich hatte Grünberg die Idee für die hydraulische Druckerpresse für die SPOG-Experimente, konstruierte diese über Jahre hinweg und patentierte sie. 16 Ein enger Freund beider war der aus Prag stammende Emil Orlik (Abb. 3 und 4). 17 Slevogt kannte ihn bereits seit einigen Jahren. Für die These, dass sie sich sogar schon in München kennen lernten, gibt es leider keine Quellen. Orlik war ab 1889 in der bayerischen Landeshauptstadt und wurde zwei Jahre später an der Akademie der Bildenden Künste aufgenommen. Nach einer kurzen Unterbrechung, unter anderem wegen seines Militärdienstes, war er ab 1896 wieder in München präsent. Dort freundete er sich mit Bernhard Pankok an und unternahm erste Holzschnittversuche (Abb. 5 und 6). 18 Der aus Münster in Westfalen stammende Pankok hatte an der Kunstakademie in Düsseldorf sowie an der Hochschule in Berlin studiert und war seit 1892 als freier Künstler in München tätig. 19 Pankok wirkte ab 1895 als Illus trator bei der Zeitschrift »Pan« sowie ein Jahr später bei der »Jugend« mit. Durch seine Vermittlung konnte auch Orlik bei der »Jugend« mitarbeiten, eine Parallele zu Slevogt, der sich zeitweise seinen Lebensunter‑ halt in München ebenfalls durch Illustrationen für diese Zeitschrift sowie für den »Simplicissimus« finan‑ zierte. 20 Alle drei Künstler waren in verschiedenen Künstlervereinigungen sehr aktiv und vernetzten sich; so wurde Emil Orlik 1897 Mitglied der durch Bernhard Pankok und Bruno Paul in München gegründeten Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk sowie Mitglied der Wiener Sezession (1899). Seit 1901 Abb. 3 MAX SLEVOGT PORTRÄT VON EMIL ORLIK 1923, Radierung, Kaltnadel, Velin, 188× 150 mm, signiert, Inv.‑Nr. GS 1983/645 Abb. 4 MAX SLEVOGT EMIL ORLIK IN ZWEI UNTER- SCHIEDLICHEN PERSPEKTIVEN 1920– 1928, Bleistift, glattes Papier, 185 × 140 mm, signiert, Inv.‑Nr. KM 1995/50
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