Leseprobe

1968 1972 370 Plauen im Sozialismus Blickpunkt Sport In der DDR spielten »Körperkultur« und Sport von Anfang an eine herausragende Rolle : Man begriff sich als Sport- nation und rang mit internationalen Erfolgen etwa bei den Olympischen Spielen nicht zuletzt um die Anerken- nung des eigenen Staates. Auf den Spitzenfesten gab es neben festlichem Trubel auch Fußballturniere – mit- unter Freundschaftsspiele gegen Teams aus der Bun- desrepublik – sowie sportliche Darbietungen in Fech- ten, Leichtathletik und Gymnastik, außerdem Schwimm- feste, Wettkämpfe im Simultan- und Großfeldschach sowie Spitzenfestmeisterschaften im Kegeln und Luft- gewehrschießen, um nur Beispiele zu nennen. Infolge ihres Verbots krempelte der Staat auch die örtlich gewachsene Landschaft der Sportvereine grundlegend um. 1950 fusionierten beispielsweise die Sportgemeinschaften Plauen-Süd, ZSG Zellwolle, Plauen- West und BSG Sachsenverlag und erhielten im Jahr da- rauf den neuen Namen »Rotation Plauen«. Der neue Klub schaffte bald darauf den Aufstieg in die DDR-Liga und erzielte Erfolge wie 1954 einen Pokalsieg gegen den amtierenden DDR-Fußballmeister Turbine Erfurt. 1968 gab es in Plauen im Bereich des organisierten Sports bereits 25 Betriebssportgemeinschaften (BSG), die meisten davon in den Sparten Fußball (mit fast 60 Mann- schaften), gefolgt von Schwimmen, Gymnastik/Turnen, Kegeln und Handball. Als »ranghöchste« Plauener Fuß- ball-Sportgemeinschaft fungierte die seit 1963 unter diesem Namen auftretende BSG Motor Wema Plauen (vormals Wismut Plauen), die ab der Saison 1964 in der DDR-Liga – der zweithöchsten Spielklasse des Landes – kickte. Gerade Werner Bamberger ist vielen Plauenern als herausragender Fußballer noch in Erinnerung. Die Schulen verfügten oft über eigene Sportplätze oder nutzten öffentliche Sportanlagen gemeinsam, wie die Diesterweg-Oberschule, die EOS und die Dittesschule den Kurt-Mittag-Sportplatz. An Freibädern gab es die An- lage des ehemaligen Naturheilvereins im Preißelpöhl (im Volksmund das »Naddl«) sowie das Freibad Haselbrunn, wo 1979 die DDR-Meisterschaft im Knabenwasserball ausgetragen wurde. Das einst beliebte Freibad »Wald- frieden« konnte aufgrund seiner starken Kriegszerstö- rungen in den 50er-Jahren nicht reaktiviert werden, ob- wohl es Versuche in diese Richtung gab. Zu den beson- deren (Winter-)Sportstätten gehörte die 1951 einge- weihte Sprungschanze Kleinfriesen der BSG Chemie. Angesichts der meist mageren Winter klingt es heute verwunderlich, dass es in Plauen damals sogar ein »Neu- jahrsspringen« gab. Anfang der 60er-Jahre folgte die Buchenberg-Schanze in Stöckigt, die im Februar 1962 im Beisein von 3000 Zuschauern eingeweiht wurde. Das Netz an Turnhallen wurde erst nach und nach ausgebaut, wobei zum Beispiel die 1977 eingeweihte Kurt-Helbig- Sporthalle am Comeniusberg zu nennen ist – benannt nach dem berühmten Plauener Sohn, der 1928 Olympia- gold im Gewichtheben errang. Auch andere Plauener Sportler erlangten weltweite Bekanntheit. Neben der Schwimmerin und 1976 vierfachen Olympiasiegerin in Montreal Kornelia Ender brachte es auch die Eisschnell- läuferin Ruth Schleiermacher zu Ruhm und Ehre und er- rang 1969 einen Weltmeistertitel. Angeblich hatte man ihr Talent auf der Eisfläche des Plauener Stadtparkteiches entdeckt. Die ebenfalls gebürtige Plauenerin Gabriele »Gaby« Seyfert wurde – von ihrer Mutter trainiert – Vize- Weltmeisterin im Eiskunstlauf und die Kanutin Angelika Bahmann holte 1972 Olympiagold. Angefangen hatte diese Erfolgsgeschichte auf der Weißen Elster in Plauen. In puncto Radsport gab es nicht nur das traditio- nelle Rennen »Rund um den Sachsendruck« anlässlich des Spitzenfestes, angelehnt an den großen Plauener Betrieb VEB Sachsendruck, der zur Freude der kleinen und großen Leser übrigens die Kinderbücher für die gesamte DDR druckte. Plauen war auch Station grenz- überschreitender Radrennen wie der Internationalen Friedensfahrt 1972. Zu solchen Anlässen gastierte mit- unter auch der DDR-Vorzeigesportler Gustav »Täve« Schur an der Weißen Elster. Auch jenseits vom Radsport fungierte Plauen als Austragungsort internationaler Wettkämpfe : Mancher Freund des Ballsports wird sich vielleicht noch an das Volleyball-Länderspiel zwischen der DDR und Kuba 1979 in der Kurt-Helbig-Halle erinnern. 1969 fand im Rahmen des UEFA-Turniers der europäi- schen Fußballjugend das Duell zwischen Bulgarien und der Bundesrepublik in Plauen statt – rund 22000 Fuß- ballfans zog das Ereignis ins Vogtlandstadion. ⑧ Radsportler passieren Plauen auf der 27. Internationalen Friedensfahrt, hier die Oelsnitzer Straße, 1974. Hans Herold

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