Leseprobe
1980er-Jahre 373 Zwischen Platte und Prestige straße zu Unfällen und Beschwerden beim Umgang mit installierten Gasgeräten; die Bauaufsicht prüfte und sprach von einer »permanenten Gefahr der CO-Vergif- tung«. Als Ursache wurde die schlechte Abgasregulie- rung ausgemacht. Da es auf den X. Parteitag zuging und man die politischen Konsequenzen der Abschaltung von rund 200 Gasthermen für untragbar hielt, behalf man sich kurzerhand mit Maßnahmen zur »Verbesserung der Frischluftzufuhr« durch Schaffung zusätzlicher Schlitze in den Türen – und der Aufforderung an die Mieter, beim Betrieb der Geräte »ausreichend für Lüftung zu sorgen«. In den 80er-Jahren gelang es den Plauener Stadt- planern zumindest, den Wohnungsbestand deutlich zu erhöhen und das Verhältnis zwischen Einwohnern und Wohnungen zu verbessern. Dabei kam ihnen freilich auch ein Missstand zugute, der ab Mitte der Dekade vielerorts in der DDR zu konstatieren war : die neuerli- che Abwanderungswelle durch Ausreise in die Bundes- republik. So verlor Plauen innerhalb dieses Jahrzehnts mehrere Tausend Einwohner 3 – die meisten 1989 – und konnte zugleich weiteren Wohnraum erschließen, wo- durch sich der Saldo leicht verbesserte : 1980 (zum 31. 12.) 1988 (zum 3. 3.) Einwohner 78828 77 108 Wohnungen 36412 38802 Verhältnis : Anzahl der Wohnungen auf 100 Einw. 46 50 Wohnraumentwicklung in Plauen in den 80er-Jahren Trotz dieses Effekts entsprach das Verhältnis von Einwohnern zu Wohnungen bei Weitem noch nicht dem Bedarf der Bevölkerung. 1987 beispielsweise standen gerade einmal 1500 vermittelte Wohnungen einer Masse an 5000 Wohnungsanträgen gegenüber, die noch dazu stieg. Als probates Mittel aus der Misere konnte in man- chen Fällen noch der in der DDR nicht unübliche Woh- nungstausch herhalten; im Jahr 1986 wurden davon in Plauen offiziell 525 durchgeführt. Die Nachfrage nach neuen Wohnungen war auch deswegen so groß, weil ein Großteil der Wohnungen in Plauen zu klein war (d. h. Ein- bis Zweiraumwohnungen) und somit oft nicht den Ansprü- chen und Lebensrealitäten der Menschen entsprach. Der verbesserte Wohnungssaldo ist somit höchstens eine quantitative Aussage und keine qualitative. Altstadtverfall und Denkmalpflege Zu den landläufigen Fehlleistungen sozialistischer Bau- politik gehörte die Vernachlässigung der Altbausubs- tanz. Nicht selten wurden in Plauen ganze Häuser bau- polizeilich gesperrt und im Extremfall bestand sogar Einsturzgefahr. Andererseits konnten frei gewordene Altbauwohnungen aufgrund ihres Zustands oft nicht ohne Weiteres neu bezogen werden. Für die Instand- setzung fehlte es an Personal, Material und Mitteln, sodass sie nicht selten an Mieter übergeben wurden, die sich zum Selbstausbau bereiterklärten. In den 80er- Jahren rückte das Thema in den Fokus der Stadtver- waltung – doch oftmals war es schon zu spät. Der Staat hatte sich viele dieser Probleme selbst geschaffen. So boten die sozialstaatlich bedingt äußerst geringen Mie- ten keinen Anreiz zur Verkleinerung des Wohnraums und machten – noch gravierender – eine Instandhaltung seitens der Vermieter nahezu unmöglich. Viele Haus- besitzer sahen sich zum billigen Verkauf an die Stadt oder Gemeinde genötigt. Über die Hälfte der Mehrfami- lienhäuser in der DDR gehörte dem Staat und ihr Schick- ② Am Chrieschwitzer Hang, Neubauten an der Dr.-Karl-Gelbke-Straße, 1979 Stadtarchiv Plauen, Klaus Tanneberger
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