Leseprobe

16 Zu den Ankäufen zählten auch einige asiatische Gemälde, Drucke und Bücher, die allerdings recht unspezifisch aufgeführt wurden und keinem der heute erhaltenen Werke zugeordnet werden können. Erwähnt sind »1 Japans almanack« 12 und ein weiterer »Almanac des Indes«, 13 beide erwor- ben für je 100 Gulden sowie ein Konvolut von Zeichnungen auf Papier mit der Darstellung grotes- ker indianischer Figuren (»de feuilles de papier avec des figures a l’indienne fort crotestes« 14 ). Mehr- fach wurden zu günstigen Preisen Serien von kleinen Porträts (»Petits portraits des Indes«), einmal 195 und kurz darauf 200 Stück, angekauft. Etwas teurer waren zwölf kleine Porträts aus Indien für insgesamt 80 Gulden, die am 15. Mai 1717 bei Jean St. Martin in Den Haag erworben wurden. Am gleichen Tag und beim gleichen Händler wurde außerdem eine chinesische Bildrolle gekauft, die in drei unterschiedlichen Rechnungsbelegen vorkommt: ein Stück von 13 Ellen Länge mit einer großen Anzahl indianischer Figuren (»1 Piece de 13. ans. de long sur laquelle il y a un grand nombre de figures Indiennes« 15 ). 13 sächsische Ellen entsprechen etwa 7,36 Metern. Diese Rolle scheint verloren zu sein. Ende 1716 trug sich August der Starke mit Plänen, ein eigenes Schiff zu kaufen oder zu chartern, um es nach Ostasien zu senden – ein Ansinnen, das die Niederländische Ostindi- en-Kompanie (VOC) abschlägig beschied. Stattdessen bewilligte man August, er dürfe einen Gesandten auf den Schiffen der VOC nach Asien schicken, der frei sei, Einkäufe zu tätigen, sofern es sich nicht um Gewürze handele. 16 Am 23. Dezember 1716 teilte der Kurfürst Lagnasco mit, er wolle eine Gesandtschaft nach Asien schicken. 17 Daraufhin legte dieser im Januar 1717 in einem ausführlichen Schreiben einen detaillierten Plan vor, wie eine solche Expedition durch- zuführen sei. 18 Er empfahl, mindestens vier Personen zu schicken, da auf der langen Reise mit Krankheit oder sogar Tod zu rechnen sei. Außerdem sei es sinnvoll, sich vor Ort aufzuteilen – einer könne nach China, einer nach Japan, ein dritter nach Indien reisen. Ziel war offensichtlich, Porzellane, Textilien und Lackwaren nach eigenen Wünschen herstellen zu lassen, denn unter den Gesandten solle unbedingt einer fähig sein, Modelle und Zeichnungen von den benötigten Objekten anzufertigen, andernfalls seien die Asiaten nicht in der Lage, zufriedenstellend zu liefern. Ende April 1717 – zeitgleich mit dem Kauf des Japanischen Palais – hätte die Reise begin- nen sollen; weshalb sie letztlich nicht durchgeführt wurde, ist unbekannt. Erwerbungen auf der Nachlassauktion Witsen 1728 Für die 1720er Jahre lassen sich einige Erkenntnisse aus anderen Quellen gewinnen. 1728 wurde in Amsterdam der Nachlass des 1717 verstorbenen Nicolaes Witsen (1641–1717) versteigert. Als Politiker, Diplomat, Bürgermeister von Amsterdam und Direktor der Niederländischen Ostin- dien-Kompanie hatte er eine riesige Sammlung ostasiatischer Kunstwerke und Raritäten zusam- mengetragen. 19 August der Starke nutzte die Gelegenheit zu einem Großeinkauf und erwarb mindestens 20 heute noch nachweisbare Werke auf Papier aus Indien, Thailand und China. 20 Etliche der im gedruckten Auktionskatalog 21 verzeichnetenWerke sind mit ihren dortigen Titeln und Nummern im nach dem Gründungsdirektor benannten Heucher-Inventar des Kupfer- stich-Kabinetts von 1738 übernommen worden (vgl. S. 23, Abb. 2). So finden sich im Schrank II »L’Histoire naturelle« zwei naturwissenschaftliche Alben, deren Herkunft eindeutig vermerkt ist: »1. Kostbares Thier Buch aus Batavia geschildert, No. 5 Aus Bürgermeister Witsens in Amsterdam Auction. Fol:« (Inv.-Nr. Ca 222; Abb. 3–4) und »1. Starcker Foliant von Chinesisch Papir, mit gemahlten Zeichnungen von allerhand arth Chinesischen Thieren. No. 2. Aus Bürgerm. L. Witsens in Amsterdam Auction,« (Inv.-Nr. Ca 161). 22 Aus diesen Einträgen lässt sich schließen, dass sich die angegebenen Nummern – in diesem Falle 2 und 5 – auf den Auktionskatalog beziehen. Die dortige Beschreibung zu Nummer 5 lautet: »Een Boek met Dieren, Vogels, Vissen en Insecten, op Batavia naar’t leeven Geschildert.« (Ein Buch mit Tieren, Vögeln, Fischen und Insekten, in Batavia nach dem Leben gemalt.) Zudem tragen beide Bände auf dem Vorsatzblatt eigenhändige Erläuterungen Witsens, in denen er vermerkt hatte, dass es sich um Auftragswerke handelte (Abb. 5). 23

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