Leseprobe

43 Abb. 7 Mit dem Flötenspiel einen Phönix anlocken Südostchina, um 1700, Qing-Dynastie, Ära Kangxi, Pinsel in Wasserfarben auf chinesischem Lianshi-Papier, 380×310 mm, Inv.-Nr. Ca 130/19 (vgl. Kat.-Nr. 5) Bezug auf das Alter oder den familiären Hintergrund der Kandidaten gab, strebten Männer aus allen sozialen Schichten danach, die Prüfungen zu bestehen, um eine erfolgreiche Karriere zu absolvieren und ihrer Familie zu Prestige und Wohlstand zu verhelfen. Da männliche Kinder traditionell als der wertvollste Schatz einer Familie galten, wurden von Geburt an große Hoffnungen in sie gesetzt. Es wurde viel Wert darauf gelegt, Jungen zu einem fleißigen Studium zu ermutigen, um eine Position in der kaiserlichen Verwaltung zu erlangen, und in der Regel unterstützten ihre Familien sie als Erwachsene bei den Prüfungsvor- bereitungen. Diese Bestrebungen und die damit verbundenen Hoffnungen und Wünsche spie- geln sich in zahlreichen Bildern der chinesischen Volkskunst. Im kaiserlichen Prüfungssystem gab es (nach der Eingangsprüfung) drei sich steigernde Prü- fungsstufen: das Provinzexamen xiangshi ( 乡试 ) mit dem Abschluss Magister, das Hauptstadtexa- men huishi ( 会试 ), und das Palastexamen dianshi ( 殿试 ) mit dem Abschluss Doktor. Schaffte jemand es, in allen drei Examina als Bester abzuschneiden – was als lian zhong san yuan ( 连中三 元 ), »dreimal in Folge Erster auf der Kandidatenliste sein« bezeichnet wurde –, so galt dies als höchste Ehre, die den erfolgreichen Kandidaten und ihren Familien zu hohem Ansehen verhalf. Auf einem Holzschnitt aus der Sammlung des Kupferstich-Kabinetts sind zwei Jungen in einem Garten abgebildet (Abb. 8). Der Junge auf der rechten Seite zielt und schießt mit einem Bogen auf einen runden Granatapfel. Offenbar hat er bereits zwei Granatäpfel nacheinander getroffen und schießt nun auch den dritten ab. Die drei runden Granatäpfel symbolisieren drei Kreise san yuan ( 三圆 ) und spielen damit auf den Examensbegriff san yuan ( 三元 ) »drei Grade in Folge« an. Auch andere runde Früchte verbildlichten diese Assoziationskette in populären Gemälden und Drucken. Eine ebenfalls weit verbreitete Motivgruppe bestand aus Anspielungen auf Adel und Vor- nehmheit. So ist in einem weiteren Blatt aus dem Dresdner Vorlagenalbum (Kat.-Nr. 5) eine sogenannte Schönheit unter einem Wutong-Baum abgebildet (Abb. 7). Der Wutong-, auch

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1