Leseprobe
86 1 Stickerfamilie Gu ( Gushi jiazu 顾氏家族 ) Freundschaftsalbum der Yunjian-Schule für Qian Shigui 钱士贵 (1569–?) wohl Shanghai, 1639 Leporello aus 24 Blättern (Leserichtung des Bandes von rechts nach links), 14 Kalligrafien mit 4 S. Widmung und 10 Gedichten, Pinsel in Tusche auf Xuan-Papier, 10 Zeichnungen in Wasserfarben auf Seide mit Konturenstickerei, asiatischer Einband, Seide im Blumenmuster 362×313× 18 mm (Band) Inv.-Nr. Ca 138 – Cat. 1 (1738), S. 156, Nr. 10 – Cat. 12 (1764), S. 114 r, Nr. 10 Das shuhuace ist ein Album mit Kalligrafien und Bildern. In der frühen Song-Dynastie (960–1279) entstanden zwei Albumtypen, die jeweils Kalligrafien und Gemälde von Elitekünstlern enthielten, zum einen huaniaoce ( 花鸟册 ) mit Vogel- und Blumenbildern, zum anderen shanshuice ( 山水册 ) mit Landschaftsbildern. Der Oberbegriff für beide lautet shuhuace ( 书画册 ). Während der Zeit der Ming-Dynastie entstanden solche Alben in großer Anzahl, nun angefertigt sowohl von Literaten als auch von Populärkünstlern, manchmal Werke nur eines Künstlers enthaltend, manchmal mit Arbeiten von verschie- denen Kunstschaffenden. Solche Alben wurden in der Regel leer oder mit bereits vor- gefertigten Bildern erworben, um Freunde zu bitten, eine Kalligrafie beizufügen. Die Darstellungen des vorliegenden Albums sind in einer Mischtechnik aus Malerei und Konturenstickerei auf Seide ausgeführt. Diese Technik wird huaxiu ( 画绣 ), Gemälde stickerei, oder guxiu ( 顾绣 ) genannt, nach der seit dem 16. Jahrhundert in Shanghai ansäs- sigen Stickerfamilie Gu. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich hier tatsächlich um Arbeiten der Familie Gu und damit um eine Arbeit aus Shanghai. Dargestellt sind daois- tische Unsterbliche und Gelehrte, die in keinem direkten Bezug zu den später hinzugefüg- ten Kalligrafien stehen, jedoch allgemein als Thema in der Ming-Zeit beliebt waren. So zeigt Blatt 7 eine Gottheit der daoistischen Mythologie: Xiwangmu 西王母 , die Königinmutter des Westens, die auf einem Phönix aus dem Himmel zur Erde fliegt. Ihre Legende lässt sich bereits bis auf Schriften der Shang Dynastie (ca. 1766 – ca. 1046 v. Chr.) zurückverfolgen. 1 Populär wurde sie jedoch vor allem durch die »Geschichte Abb. 1 Einband Abb. 2 Blatt 7 Xiwangmu, die Königin- mutter des Westens ( Xiwangmu Zhushou 西王母祝寿 ) 287×263 mm (Darstellung) Inv.-Nr. Ca 138/07
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