Leseprobe
der Schausteller Mathias Hoppe den Gläser- nen Mann offenbar im Laufe der 1950er Jah- re für die Präsentation in seinem »Anatomi- schen Museum« 7 an, das er auf »Messen, Märkten, Volksfesten und Kirmessen« 8 in Deutschland und Europa zeigte. In Anleh- nung an die erfolgreichen Gesundheitsaus- stellungen der hygienischen Volksbelehrung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wur- den darin Wachsmodelle, Moulagen und Präparate unter einem Zelt und auf Holzkis- ten stehend vorgeführt. Die Anschauungs- mittel hatte Hoppe teilweise vom DHMD, das auch Lehrmittel produzierte, bezogen. Die vielfältigen Wachsmodelle waren zumeist im frühen 20. Jahrhundert von freischaffenden Modelleuren hergestellt worden. Der Gläser- ne Mann fungierte innerhalb der Jahrmarkts- schau als Neuattraktion, die in einer eigenen Koje mit selbst gebautem Sockel und spezi- eller Beleuchtung präsentiert wurde. Die Schausteller:innenfamilie kopierte damit die erfolgreichen Inszenierungen, mit denen das DHMD seit den 1920er Jahren das Publikum angezogen hatte – sogar beleuchtete Holz- kästen mit durchsichtig erscheinenden Spalteholz-Präparaten, die an die DHMD-Aus- stellungsgruppe »Der durchsichtige Mensch« erinnerten, wurden hergestellt. › Schlüsselob- jekte der Gesundheitsaufklärung, S. 198 Trotz dieser Bemühungen sanken die Besu cher:innenzahlen des sogenannten Anatomi- schen Museums rapide – parallel zum allge- mein abnehmenden Interesse an Gesund- heitsausstellungen. 9 Anfang der 1970er Jahre wurden die Ausstellungsgegenstände, darun- ter auch der Gläserne Mann, schließlich ein- gelagert. 1987 folgte der Verkauf an die Kölner Schausteller:innenfamilie Barber, die die Aus- stellung erneut – wenn auch nur kurzzeitig – unter dem Titel »Der Mensch« präsentierte. 1989 wurden die Objekte schließlich an die finnischen Schausteller Wainö Hamari und Esa Karttunen verkauft, die damit begonnen hatten, eine umfangreiche Sammlung ana tomischer Wachsmodelle unterschiedlicher Abb. 55 Der Gläserne Mann in der Sonderausstellung »Blicke ! Körper ! Sensationen !«, 2014/15 141
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