Leseprobe
46 Goethehaus und Goethe-Museum 19 Goethes italienische Reise ist auch Gegenstand eines eigenen Museums geworden, der Casa di Goethe (d.h. Goethehaus) an der Via del Corso in Rom, vgl. www.casadigoethe.it . Vorder- und Hinterhaus gelegenen Hof und kann dann, neben einigen Ausstellungs- und Leseräumen im Erdgeschoss, vor allem die Räume des ersten Stockwerks besuchen, in denen Goethe gewohnt hat; dar- unter die bekannten Kunstzimmer des Vorderhauses und die ehema- ligen Privaträume – Arbeitszimmer, Schlafzimmer, Bibliothek – im Hinterhaus. Ein Besuch des Gartens kann sich anschließen. Das Goethehaus steht ebenso für Goethe persönlich wie zugleich auch für die Konstruktion des Klassikers, die Konstruktion einer ver- meintlichen Authentizität. Die Atmosphäre ist tatsächlich eine kons- truierte, schon seit der Musealisierung des einstigen Privathauses 1885 und erst recht seit der Kriegszerstörung (1945) und Wiederher- stellung (1949). Insofern ist das Goethehaus ein Musterbeispiel eines doppelten Geschichtsortes, eines Ortes mit mehreren Zeitschichten; dies gilt auch für das Goethe-Museum , das, 1935 eröffnet, heute als erster Museumsneubau des nationalsozialistischen Staates gilt. Goethe erscheint, nimmt man eine großräumige Perspektive ein, als der Sesshafte und als der Sammler. Goethes Leben war geprägt davon, jahrzehntelang in demselben Haus zu wohnen. Nicht zu ver- gleichen etwa mit Petrarca, dem großen Lyriker Italiens, und seinen ruhelosenWanderungen durch Mitteleuropa – und auch darin unver- gleichbar, dass Petrarca, obgleich von Höfen abhängig, zur literari- schen Arbeit freigestellt und ohne Amt war. Goethe hingegen – er traf imNovember 1775 von Frankfurt aus inWeimar ein – nahm das Ange- bot des jungen Weimarer Herzogs Carl August an, im Geheimen Rat des kleinen Herzogtums mitzuwirken. Goethe wurde, in unserer heu- tigen Sprache ausgedrückt, Minister und Spitzenverdiener und blieb – darin schon damals unmodern – zeitlebens im Bannkreis eines Hofes. Er war kein »freier Schriftsteller«. Nach demUmzug vom spä- ter sogenannten Gartenhaus (dort wohnte Goethe von 1776 bis 1782, s. dort) war das Haus am Frauenplan Goethes Aufenthaltsort, unter- brochen nur von der italienischen Reise 1786/1788 und einem kurzen Zeitabschnitt im Anschluss daran.19 Beide Häuser, das Gartenhaus und das am Frauenplan, waren Geschenke von Carl August; das Gar- tenhaus erhielt er »zum Dank für [seine] Teilnahme am Kampf gegen die Revolution« (Christian Hecht), d.h. nach der Teilnahme an der
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