Leseprobe

91 Stätten des klassischen Weimar ursprünglich farbig; verblasst und mehrfach erneuert ist Meyers Wandbild, das Apoll und die neun Musen zeigt. Das Vorbild war ein Gemälde, als dessen Urheber Giulio Romano galt; tatsächlich stammt es eher von Baldassare Peruzzi. Die Weimarer Malerei wurde um 1840, 1935 und 1972 durch andere Maler umfassend erneuert. Der Pegasus des Deckengemäldes verweist als Symbolpferd auf die Dichtkunst; er hat mit seinem Stampfen die Dichterquelle Hippokrene entspringen lassen. Auf der westlichen Seite ist imGiebeltympanon ein geflügelter Genius zu sehen, umrahmt von Allegorien von Landwirtschaft und Gartenbau, Wissenschaft und Kunst. Bedeutendstes Einzelwerk im Inneren ist das 1788/89 in Rom ent- standene Bildnis Anna Amalias von Angelika Kauffmann, heute im Blauen Salon, welches zunächst nicht für das Römische Haus bestimmt war (zu Anna Amalias Italienreise s. Wittumspalais). Kauffmann malte die Fürstin, wie schon zuvor Adam Friedrich Oeser, mit Minerva als der Schutzgöttin der Weisheit. Anna Amalia wird einerseits in einer römischen Umgebung gezeigt, andererseits aber mit Büchern von Wieland, Goethe und Herder. Sie erscheint, wie eine Priesterin (Vestalin) gekleidet, als Mäzenin vor dem Hintergrund einer antiken Bildungswelt. Das Gemälde war seit dem Zweiten Weltkrieg verschol- len und konnte 2014 für die Klassik Stiftung zurückerworben werden. Seitdem befindet es sich wieder hier. Im Untergeschoss ist eine kleine Ausstellung zur Geschichte des Parks zu sehen, die seit 2021 (anlässlich der Bundesgartenschau in Erfurt, deren Außenstandort der Weimarer Park war) um ein inter- aktives Parkmodell erweitert wurde. Der Park, seit 1783 öffentlich zugänglich, wurde schrittweise angelegt und hat mit dem Römischen Haus einen optischen Schlusspunkt in seiner klassischen Phase bekommen; in den 1820er Jahren erreichte er seinen heutigenUmfang. Sichtachsen verbinden das Römische Haus mit Goethes Gartenhaus und mit der St.-Peter-und-Paul-Kirche in Oberweimar. Schon im 19. Jahrhundert bekam das Römische Haus, häufig noch von Großherzog Carl Alexander genutzt, einen gewissen Denkmal- charakter; dieser verwies allerdings mehr auf Goethe denn auf Carl August, so etwa durch die Illumination des Goethe’schen Gartenhauses

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