Leseprobe
Bauhaus-Museum und Bauhausstätten 144 das Goethehaus, Bahnreisende kommen notwendigerweise daran vor- bei –, aber auch und vor allem, weil sich eine Kontextualisierung durch Sichtachsen mit dem Weimarhallen-Park und dem Gauforum ergibt. Damit sind drei Zeitschichten zusammengeführt: die Weimarer Repu- blik, die nationalsozialistische Zeit und die DDR. Die Weimarer Repu- blik mit der Weimarhalle (wenngleich dieses wichtige Gebäude 1997/ 1999 durch einen Neubau ersetzt wurde), demWeimarhallen-Park und dem sich anschließenden Sportbereich (Schwansee-Bad), welche gemeinsam als »Kulturprojekt« bezeichnet werden; die NS-Zeit durch das Gauforum – und schließlich die DDR in Gestalt des von dort aus sichtbaren Langen Jakob, einem hochhausartigen Studentenwohn- heim, das auf die Monumentalität des Gauforums antwortet. 2011 war für das Bauhaus-Museum ein Architektenwettbewerb aus- gelobt worden, in dessen Rahmen über 500 Vorschläge eingereicht wurden; ausgewählt und verwirklicht wurde das Projekt der Archi- tektin Heike Hanada. ZumWeimarhallen-Park hin (mit offener Süd- terrasse) entspricht das Gebäude der früheren Geländehöhe; der Haupteingang befindet sich demgegenüber auf der Stadtseite in Höhe des Gauforums, die in den 1930er Jahren durch Aufschüttung des gesamten Platzes erreicht wurde. Auf diese Weise bildet das Gebäude verschiedene Weimarer Zeitschichten ab, und zwar, im ganz eigent- lichen Sinne, durch Erdschichten, die man von innen und von außen nachvollziehen kann. Ihren Bau bezeichnet die Architektin als »Mono- lith«, er habe das Anliegen, die verschiedenen Stätten zu verbinden, indem er »einerseits das ›Gauforum‹ als Fremdkörper erkennt, ande- rerseits Wege und Kolonnaden in das Konzept einbezieht, ohne dem faschistischen Raumverständnis zu erliegen«. Ob dieser Anspruch gelungen ist, war von Anfang an umstritten, besonders wegen der konservatorisch begründeten Fensterlosigkeit und auch, weil die ursprünglich vorgesehene Glasfassade nicht ver- wirklicht werden konnte. Die Süddeutsche Zeitung sah in demGebäude »einen düsteren Klotz«, einen »gewaltigen Betonkasten, der sich von der Außenwelt abschirmt«, ja sogar einen »Sarkophag« für Deutsch- lands Avantgarde, und stellt die Frage: »Wo ist die Lust, etwas radikal Neues, und zwar fürs 21. Jahrhundert, auszuprobieren? Wo der Mut,
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