Leseprobe
87 Ein kleiner Bestand an Kondomen aus der DDR und ehemals sozia- listischen Staaten Osteuropas gelangte 2003 zusammen mit einem größeren Konvolut sexualitätsbezogener Dinge in die Sammlung des Deutschen Hygiene-Museums Dresden (DHMD). 1 Ihr ursprünglicher Besitzer, der 1940 in Leipzig geborene P.A.S., hatte die Kondome im August 1990 an den damaligen Gesellschafter der Pro Familia Ver- triebsgesellschaft mbH & Co KG Martin Kessel übergeben. In einem dazugehörigen Brief erklärte er, dass er diese »Kondomsammlung [...] aus ›aller‹ Herren Länder« zusammengetragen habe; allerdings mit der Einschränkung, dass es sich nur um Länder handelte, in die er als DDR-Bürger reisen durfte. 2 Für P.A.S. war im August 1990 klar, dass die Kondome aus Ostereuropa ins Museum gehören, da es sie – die Staaten und die Kondome – in absehbarer Zeit so nicht mehr geben werde. Er dachte auch darüber nach, ob »irgendwo in der Welt ein richtig großes Kondommuseum« existiere. 3 Anfang der 2000er- Jahre kamen die Kondome samt Brief über Martin Kessel zusammen mit weiteren Objekten tatsächlich ins Museum, wovon P.A.S. allerdings erst 20 Jahre später erfuhr. Das DHMD nahm Kontakt mit P.A.S. auf und konnte von ihm nun noch mehr Hintergrundinformationen er- fragen; obendrein bekam die Sammlung weitere Kondome und dazu- gehörige Objekte als Schenkungen überreicht. Das Kondom begleitet P.A.S. seit seiner Jugend. Er entwickelte eine Faszination und Sammelleidenschaft für Präservative und ihre Verpa- ckungen, aber auch für alles andere, was mit Kondomen zu tun hat. In die Kondomnutzung »eingestiegen« sei P.A.S. in den 1960er-Jahren mit der Marke Expana des VEB Gummiwerk Friedrichshagen , die er unter anderem in runden Kunststoffdosen an Automaten erwarb . 4 Daneben habe er auch Gala vom VEB Gummiwerk Ortrand benutzt; von dieser Marke überließ er dem Museum ebenfalls leere Verpackungen. 5 Sowohl Expana als auch Gala gab es nur bis in die 1960er-Jahre; danach war mondos das einzige in der DDR produzierte und vertriebene Kondom. 6 P.A.S. studierte bis 1964 in Leipzig und begann danach, in der Be- zirksdirektion für Post- und Fernmeldewesen in Ost-Berlin zu arbei- ten. Nach 1990 wechselte er zur Landespostdirektion und ging 1997 in den Ruhestand. Auslandsreisen oder Einkäufe in Exquisit-Läden 7 hätte er sich zu DDR-Zeiten mit seinem Lohn nicht leisten können. 8 Als Nebenverdienst bestückte er deshalb seit Anfang der 1970er- Jahre Kondomautomaten, vorwiegend an Bahnhöfen in Ost-Berlin. 9 Von seinen Reisen 1971/72 und 1984/85 in die Sowjetunion, nach e Abb. 27 v. l. o. n. r. u.: Kondome Preserwatiw Resinowui , 1981– 1984, Inv.-Nr. 2017/672; Lateks Bjala , um 1970, Inv.-Nr. 2017/652; Lat-Eros , um 1975, Inv.-Nr. 2017/657; Luxus , 1964–1967, Inv.-Nr. 2017/651; originálni české gumičky , 1992, Inv.-Nr. 2017/663; mondos Sil- ber , um 1985, Inv.-Nr. 2019/289; Luxi Gum , um 1970, Inv.-Nr. 2017/659; Protex Latex Prophy- lactic , um 1985, Inv.-Nr. 2017/642; 777 Super Rosé , 1974–1977, Inv.-Nr. 2017/656; Primeros act , um 1980, Inv.-Nr. 2017/665; settebello Hatù Sensibilizzati , 1977–1982, Inv.-Nr. 2017/655; Hatù Velo , 1971–1976, Inv.-Nr. 2017/653; Eros-Ol-Ex , um 1985, Inv.-Nr. 2017/662; Eros alfa , um 1975, Inv.-Nr. 2017/658; eros ex , um 1975, Inv.-Nr. 2017/660 KONDOME UND MEHR – DER SAMMLER
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