Leseprobe

153 Dinge zur »natürlichen« Schwangerschaftsverhütung, wie etwa Zyk- lusthermometer oder -kalender, bilden die kleinste Gruppe des se- xualitätsbezogenen Sammlungsbestands im Deutschen Hygiene-­ Museum Dresden (DHMD). Sie können auch unter dem Begriff »Natürliche Familienplanung« (NFP) gefasst werden. 1 Die 22 Objekte stammen aus dem Zeitraum von 1950 bis 2021, der Schwerpunkt liegt dabei auf den 1980er- und 1990er-Jahren. 2 Es sind alles Dinge, die für den (west-)deutschen Markt hergestellt bzw. überwiegend in Deutschland gefertigt wurden. Bei einem Großteil der Objekte handelt es sich um elektronische Geräte, denen die drei Prinzipien Messen, Zählen und Beobachten zugrunde liegen. Sie sollen die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage im Menstruationszyklus anzeigen bzw. bei regelmäßiger Anwendung dabei helfen, die unterschiedlichen Zyklusphasen selbstständig be- stimmen zu können. Viele Geräte geben außerdem den konkreten Zeitpunkt des Eisprungs an. Ein Großteil ist sowohl zur Schwanger- schaftsverhütung geeignet als auch zur Unterstützung des Versuchs, schwanger zu werden. 3 Charakteristisch für diese Dinge ist, dass sie entkoppelt von se- xuellen Handlungen verwendet werden. Ihre Nutzung geht einher mit einer langfristigen Beobachtung und Dokumentation körperlicher Vor- gänge. In den meisten Fällen sind es nicht die Objekte selbst, die im oder am Körper wirken; sie stellen vielmehr Hilfsmittel dar, um Körper- zeichen anzeigen, messen und/oder erfassen zu können. Es bleibt der Anwender:in überlassen, die Ergebnisse zu interpretieren und danach zu handeln, indem sie* 4 beispielsweise an fruchtbaren Tagen auf Sex verzichtet oder ein weiteres Verhütungsmittel benutzt, um eine Schwangerschaft zu verhindern, bzw. bei Kinderwunsch diese Zeit gezielt für ungeschützten Sex nutzt. Zahlreiche Objekte stammen von der Kessel Marketing & Vertriebs GmbH, 5 neun Objekte gelangten über Privatpersonen in die Samm- lung, eins stammt direkt von der Herstellerfirma. Zu fünf Objekten gibt es eine ausführliche Dokumentation der Nutzungsgeschichte oder des Entstehungskontextes. 6 Etwa der Hälfte der Objekte liegen schriftliche Erläuterungen in Form von Gebrauchsanweisungen oder Informationsblättern bei, oftmals in mehrfacher Ausführung. e Abb. 61 Zykluskalender Mensograph , 1950–1989, Inv.-Nr. 1995/1075 BESTANDSÜBERSICHT MESSEN, ZÄHLEN, BEOBACHTEN

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