Leseprobe

177 Stimulieren Ausprobieren Spielen anderen Dingen weiterhin zur Selbstbefriedigung. Denn keines der anderen Geräte kam an die Stärke der Vibration durch die Oral B heran. Dass J. B. in Zukunft – wenn auch eine andere – elektrische Zahnbürste zur Selbstbefriedigung nutzen wird, steht für sie fest: »Ich glaube, die Zahnbürste, die bleibt immer bei mir, das wird nicht weg- gehen, dass ich das immer mal mag.« Ein weiteres Objekt, das J. B. bisher in ihre Sexualität integrierte und der Sammlung des DHMD überließ, ist ein Gürtel der Marke Levi’s aus braun-schwarzem Leder (Abb. 73, S. 176). 3 Er ist etwa 90 Zenti- meter lang und 5,5 Zentimeter breit und hat eine bronzefarbene Gür- telschnalle aus Metall. Der Reiz des Gürtels ging für J. B. davon aus, »dass es was war, was man an der Hose hat, eher etwas, was Männer tragen«. Der Gürtel stand für »das Derbe und das Starke«. Vorstellun- gen von Unterdrückung und Bloßstellung haben bei J. B. schon im- mer Erregung ausgelöst. In Bezug auf Männer wollte sie die »Rolle der unterwürfigen Frau« einnehmen, hörig sein, um damit bei dem anderen »die Befriedigung schlechthin auszulösen«. Etwa im Alter von 16 Jahren habe sie begonnen, dieses Verlangen auszuleben. »Das hat dann irgendwie dazugehört, dass ich das wundervoll fand, wenn ich geschlagen wurde beim Sex und dann musste es immer ein bisschen extremer werden«, erzählt sie im Interview. Diese Entwick- lung hatte auch mit ihrem damaligen Partner zu tun, den J. B. als »narzisstisch« bezeichnet und der »genau das gemacht hat, was in Pornografie für ihn zu sehen war«. Sein dominantes Auftreten habe ihr gefallen. Auf der Suche nach Praktiken und Dingen, mit denen beide ihre Vorstellungen sexuell ausleben konnten, kamen sie auf den Gürtel. In der Anfangszeit waren es zum Teil andere Gürtel, später kam immer dieser Levi’s-Gürtel an ihrem Körper zum Einsatz. Zu- nächst ließ sich J. B. damit schlagen. Die Striemen, die danach zu sehen waren, empfand sie als »wunderschön«, und so konnte sie noch mehrere Tage davon »zehren«. Später ließ sich J. B. auch von anderen Sexpartner:innen mit dem Gürtel festbinden und im Alter von etwa 21 Jahren zum ersten Mal strangulieren. Das Strangulieren brachte sie zum Teil jedoch in gesundheitlich riskante Situationen und hinterließ bei ihr letztlich negative Gefühle. Mittlerweile sagt sie, dass sie den Gürtel nicht mehr brauche, auch weil sie nun »andere Sachen« benutze. Das Spiel mit Macht, bei dem sie inzwischen nicht mehr ausschließlich die Rolle der Unterwürfigen einnimmt, bleibe damit weiterhin ein wichtiger Teil ihrer Sexualität. HP, TT 1 Alle wörtlich oder sinngemäß wiedergegebenen Aussagen von J. B. in diesem Kapitel stam- men aus einem Interview mit ihr am 11. 6. 2020 in Dresden. 2 Elektrische Zahnbürste Oral-B , ca. 2018, Inv.-Nr. 2020/676. 3 Gürtel Levi’s , ca. 2002, Inv.-Nr. 2020/675.

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