Leseprobe

184 Masturbatoren stimulieren durch die Abgabe von Schwingungen. Elektrisch betriebene Körperpumpen sowie Vibratoren der Marken Womanizer und Satisfyer erzeugen dagegen Druckwellen. Manche sind mit Batterien, andere mit einem aufladbaren Akku ausgestattet. Gerade diese Objekte verfügen mit ihren Geräuschen und verschie- denen Lautstärken über eine weitere sinnliche Ebene, die über das Haptische hinausgeht. Im Bestand lassen sich im Wesentlichen drei Provenienzgruppen nachweisen. Etwa die Hälfte der Objekte gelangte Anfang der 2000er- Jahre über die Kessel Marketing & Vertriebs GmbH in die Sammlung. 5 Ein weiterer umfangreicher Teil von Objekten wurde 2020 im Kontext der Neukonzipierung des Raums »Sexualitäten« in der Dauerausstel- lung des DHMD direkt bei den Herstellerfirmen angefragt und dem DHMD als Spende oder Geschenk überlassen. Einen zwölf Objekte umfassenden Bestand erwarb das DHMD 2013/14, um das auf Sex- spielzeug setzende Marketing rund um die Roman-Triologie Fifty Shades of Grey 6 zu dokumentieren. 7 Dementsprechend sind zu den meisten Objekten keine Nutzungsgeschichten vorhanden. Zu einzel- nen Objekten und ihrem Gebrauch konnten im Rahmen des For- schungsprojekts »Dinge und Sexualität. Produktion und Konsumtion im 20. und 21. Jahrhundert« 8 ausführliche Interviews mit den Vorbe- sitzer:innen geführt werden. 9 Der Sammlungsbestand bezeugt vor allem die Masse und Vielfalt an Sexspielzeug, das seit der Jahrtausendwende kommerziell an- geboten wird. An ihm ist eine Normalisierung und gesellschaftliche Akzeptanz dieser Dinge zu erkennen. Davon ausgehend kann auf- gezeigt werden, dass sich der Entscheidungsspielraum für sexuelle Praktiken in Verbindung mit Stimulationsdingen stark erweitert hat. Zugleich ermöglicht die Vielzahl der Objekte, die materielle Dimension luststeigernder Handlungen in den Fokus zu rücken, die Menschen allein oder zusammen mit anderen ausführen. Weiterhin gibt der Bestand zu Sexspielzeugen neue Impulse für das Sammeln insbesondere von Dingen mit Gegenwartsbezug, zu denen nicht zuletzt – wie auch in anderen alltagskulturellen Kontexten – digitale Objekte (»born digital objects«) zu zählen sind. 10 Für viele Sexspielzeuge sind gegenwärtig App-Anwendungen für Smartphones notwendig. Für die Sammlung des DHMD wurde beispielhaft die App zum Kalender des Online-Versandhändlers für Sexspielzeuge Amo- relie inventarisiert. 11 Die Sexspielzeuge bestehen, wie andere Alltagsgegenstände, zu- meist aus verschiedenen Kunststoffen, über deren Zusammensetzung und Alterungsbeständigkeit nur bedingt Informationen vorliegen. Es handelt sich daher um konservatorisch anspruchsvolle Objekte, bei denen noch zu klären ist, wie sie langfristig erhalten werden können. 12 Abb. 77  v. l. o. n. r. u.: Verpackung und Penispumpe Stallion Penis Developer , um 2001, Inv.-Nr. 2002/1784; Verpackung zu Vibrator Mini Thorn , ca. 2000, Inv.-Nr. 2003/586; Vibrator Venus Butterfly Massage r , 1999, Inv.-Nr. 2003/258; Penisring Prolong-Stimulator , ca. 2001, Inv.-Nr. 2003/577; Masturbationsbecher Enjoy-Cup , 1998, Inv.-Nr. 2003/275; Vibrator Mini Thorn , ca. 2000, Inv.-Nr. 2003/586; Verpackung zu Vibrator Venus Butterfly Massager , 1999, Inv.-Nr. 2003/258; Masturbator Fleshlight Lovesack , 2017– 2019, Inv.-Nr. 2020/437

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