Leseprobe

Einleitung 13 q Radames bezog sich unmittelbar auf das Gastland. 13 Zudem feierte das berühmte Stück 1971 hundert- jähriges Jubiläum der Uraufführung. Die Orchester aus Kairo und Zagreb spielten deswegen gemein- sam am Ort der ersten Inszenierung, im Königlichen Khedive-Opernhaus in Kairo. Über den Erfolg des Gastspiels waren sich zumindest die Zagreber Zeitungen sicher. Sie bejubelten den Auftritt der kroatischen Musiker als Akt der Freundschaft und der Solidarität Jugoslawiens mit dem ägyptischen Volk. 14 Die Solidarität zu diesem Zeitpunkt galt Ägypten im Krieg gegen Israel. 1967 (»Sechstagekrieg«) und 1973 (»Jom-Kippur-Krieg«) kam es zwischen Ägypten, Syrien sowie weiteren arabischen Staaten und Israel zu militärischen Auseinandersetzungen, in denen Jugoslawien die Allianz gegen Israel stütz- te. 15 Zu diesem Zeitpunkt pflegten Belgrad und Kairo schon seit Langem enge Kontakte. Die Führungen beider Staaten teilten seit den 1950ern nicht nur die Idee von einer nichtpaktgebundenen Außen- politik, sondern sie brachten gemeinsam die Bewegung der Blockfreien Staaten maßgeblich voran. Die Tschechoslowakei setzte im Fall Ägyptens verstärkt auf Kultur, als zu Beginn der 1970er- Jahre die politischen Beziehungen äußerst angespannt waren. Zwar hatte sich die Prager Regierung in den Auseinandersetzungen im Nahen Osten proarabisch positioniert, der ägyptische Staatsprä- sident Anwar as-Sadat sah sein Land vom östlichen Bündnis jedoch nicht ausreichend unterstützt. Er beschuldigte die Sowjetunion und deren Verbündete, aufgrund der Entspannungspolitik mit den USA umfangreichere Hilfen für die arabischen Verbündeten zu unterlassen. 16 In dieser schwierigen Lage ordnete die Prager Seite 1971 an, die Beziehungen in Kultur und Bildung mit dem nordafrika- nischen Land zu intensivieren. 17 Offenkundig hoffte das tschechoslowakische Seite, mit unpoliti- schen Kulturprojekten die Verbindung in eines der wichtigsten Partnerländer außerhalb Europas zu halten. 18 Die Einblicke in die kroatische und slowakische Kulturarbeit deuten den innenpolitischen und internationalen Kontext an, in dem sich die vorliegende Studie bewegt. Darin werden zwei Forschungs- felder aufgegriffen, die längst debattiert, aber selten in Bezug zueinander gesetzt werden: Zum einen sind dies die Prozesse der politischen wie ökonomischen Globalisierung. Seit den 1950er-Jahren ver- lagerten sich nicht nur die Schauplätze des Kalten Krieges in außereuropäische Regionen. Die afrika- nischen und asiatischen Länder gewannen zudem als Handelspartner für Ost wie West an Bedeutung. Auch die zu dieser Zeit aufkommenden Begriffe »Dritte Welt« und »Entwicklungsländer« spiegeln das 13 Aida. Oper in vier Akten. Die Aufführung der »Aida« 1871 in Kairo. Text von Antonio Ghislanzoni. Musik von Guiseppe Verdi. Zürich 2011. 14 Vgl. HDA, 1410 (Komissija za kulturne s inozemstvom SRH, dt. Kommission für Kultur mit dem Ausland SRH )/ Nr. 98. 15 Vgl. Große-Jütte, Annemarie/Jütte, Rüdiger: Die außenpolitischen Beziehungen zwischen Jugoslawien und den USA 1968–1978. In: Jugoslawien am Ende der Ära Tito. Bd. 1: Außenpolitik. Hg. v. Klaus-Detlev Grothusen/Othmar N. Haberl/Wolfgang Höpken. München 1983, 59–99, hier 70–72. 16 Die Spannungen zwischen den beiden Ländern erreichten ihren Höhepunkt, als die ägyptische Regierung das sowjetische Militärpersonal 1972 aus dem Land auswies. Die sowjetische Seite reagierte mit einem Einfrieren der bilateralen Beziehungen für mehrere Monate. Vgl. Golan, Galia: Sinai, 1967. Die sowjetische Politik und der arabisch-is­ raelische Krieg. In: Die Sowjetunion und die Dritte Welt. UdSSR, Staatssozialismus und Antikolonialismus im Kalten Krieg 1945–1991. Hg. v. Andreas Hilger. München 2009, 143–165, hier 155. 17 Vgl. Zídek, Petr/Sieber, Karel: Československo a Blízký východ [Die Tschechoslowakei und der Nahe Osten]. Praha 2009, 79. 18 Vgl. AMZV, TO, Nr. 07/1972.

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