Leseprobe

Fazit 229 q Das kulturelle Engagement aus der Slowakei und Kroatien hat jedoch nicht alle wichtigen Part- nerländer der Außenpolitik ihrer Gesamtstaaten abgedeckt. Das lässt darauf schließen, dass die zwei sozialistischen Föderationen Kultur nicht generell als außenpolitische Ressource eingesetzt haben. Die Faktoren für diese Entwicklungen sind heterogen. Im Fall Jugoslawiens schien Kultur nicht das entscheidende Mittel. Durch die Bewegung der Blockfreien standen vielfältige Kommunikationswege – in erster Linie auf politischer Ebene – offen. Zudem korrespondiert dieser Befund mit anderen Forschungsergebnissen zur jugoslawischen Außenpolitik, die belegen, dass es den Beziehungen zu Staaten in Afrika und Asien an einer realen Basis fehlte und es lediglich der Austausch auf Regie- rungsebene war, der angehalten hat. Die zentralen wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen hielt auch die SFRJ weiterhin mit den europäischen Staaten. Zudem ist zu bedenken, dass die erheb- lichen Schwierigkeiten der jugoslawischen Volkswirtschaft bei Regierungen der Partnerländer in Afrika und Asien Zweifel aufkommen ließen, ob sich die Kontakte langfristig lohnen. Dass sich die jugoslawischen Akteure der eigenen begrenzten Ressourcen schon in den 1970ern bewusst waren, hat sich in ihrer Kulturpolitik gezeigt. Entgegen der Konzepte aus dem tschechoslowakischen Außen- ministerium hatten sich die Verantwortlichen in Belgrad und Zagreb – zumindest intern – zu Beginn des Jahrzehntes eingestanden, dass sie eine globale Präsenz nicht dauerhaft halten können. Anhand der slowakischen Kulturaktivitäten wird deutlich, dass die Dritte-Welt-Politik der Tschechoslowakei längst nicht nur auf gute Kontakte zu sozialistisch orientierten Staaten ausgerichtet war. Vielmehr zielten die teils kostenintensiven Programme auf solche Länder, die sowohl politisch als auch öko- nomisch vielversprechend waren. Die in beiden Vergleichsfällen als selbstlose Hilfe bezeichnete aus- wärtige Kulturpolitik war folglich sehr stark an eigenen Interessen ausgerichtet. Die Ergebnisse zei- gen, dass die Landesteile die Strategie der Bundesebene fortgesetzt haben. Es ist zu vermuten, dass dahinter auch eigene wirtschaftliche Interessen standen. Inwieweit diese ökonomischen Verflech- tungen, beispielsweise von der slowakischen Waffenindustrie in Staaten des globalen Südens, aus- schlaggebende Faktoren gewesen sind, um die sozialistische Teilrepublik insgesamt stärker vor Ort zu positionieren, kann im Kontext der vorliegenden Studie nicht abschließend geklärt werden. Die bisherigen Ergebnisse ermuntern jedoch, dieses Feld weiterzubearbeiten und die wirtschaftlichen Beziehungen der Slowakei mit Entwicklungsländern zu ergründen. Der Musik- und Kunstdiplomatie kam sowohl im slowakischen als auch kroatischen Beispiel vor- rangig die Aufgabe zu, die Meinung über das eigene Land in den ausländischen Öffentlichkeiten langfristig positiv zu beeinflussen. Das Selbstbild, das die verantwortlichen Akteure dadurch ver- mitteln wollten, hatte verschiedene Facetten. Einerseits sollten die kulturellen Aufführungen das hohe Niveau der sozialistischen Kultur und ihrer Einrichtungen unter Beweis stellen. In der Musik wurden daher international geschätzte Ensembles und Einzelkünstler eingesetzt, die in erster Linie slowakische beziehungsweise kroatische Musik als europäische Hochkultur präsentierten. Anderer- seits zielte die Kulturpolitik beider Landesteile darauf, die eigenständigen, als national verstandenen Kulturtraditionen zu betonen. Die Programme im Ausland stellten deshalb Werke einheimischer Künstler sowie spezifische Kunst- und Musikstile in den Gastgeberländern vor. In der Kunstpräsen- tation wird deutlich, dass sowohl die slowakische als auch kroatische Teilrepublik auf ein modernes Bild ihres Landes in den Entwicklungsländern hingewirkt haben. Hier inszenierten sich beide Staaten als »Erfolgsmodelle« für die afrikanischen und asiatischen Staaten, in denen die sozialistische Umge- staltung der Gesellschaft zu exzellenter Kunst auf Weltniveau geführt hatte.

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