Leseprobe

q 12 Matthias Hardt heutigen Niederlausitz sowie Milzenern 6 und Besunzanen 7 in der heutigen Oberlausitz 8 bewohnten Landschaften zwischen Elbe und Oder in einem von Polen, Sachsen und Böhmen umworbenen und entsprechend umstrittenen Zwischenland lagen, und es war noch lange nicht klar, dass es dort eines Tages staatlich gesehen eine »deutsche« Entwicklung geben würde. 9 Im 10. und frühen 11. Jahrhundert hatte sich in den Gebieten östlich von Elbe und Saale eine unübersichtliche Gemengelage von Interessen des ostfränkischen Königtums, sächsischer Markgrafen, polnischer und böhmischer Fürsten sowie regionaler Adliger herausgebildet, die zahlreiche örtliche und überregionale Konflikte hervorrief. Unter dem ersten ottonischen König Heinrich I. war an der Elbe die Burg Meißen errichtet worden. 10 Von da aus, so Thietmar von Merseburg, »zwang er die seiner Herrschaft unterworfenen Milzener zur Zahlung des Zinses« 11 , was wohl heißt, dass die in Meißen stationierten Krieger das vorgelagerte Gebiet und seine Bewohner bis zur Oder, zur Neiße und darüber hinaus verunsichern und zur Zahlung von Abgaben und Tributen nötigen sollten. Über den Erfolg die- ses Vorhabens allerdings fehlen uns Informationen: Als der Außenposten an der Elbe nach den perma- nenten Auseinandersetzungen zwischen Otto I. und den böhmischen Přemysliden zwischen 936 und 959 zum Jahr 968 endlich wieder erwähnt wurde, sollte er Bischofssitz werden 12 im Rahmen des von Otto dem Großen durchgesetzten Magdeburger Erzbistums. Neben Meißen wurden damals Merse- burg 13 und Zeitz 14 zu Kathedralstandorten für die zwischen Saale und Elbe lebenden Sorben erhoben. Etwa gleichzeitig mit den Nachrichten über die Bistumsgründungen erscheinen in der Überlie- ferung dann Grafen, die im südlichen, sorbisch-daleminzischen Gebiet für eben jene Regionen zuständig waren, die im Jahr 968 jeweils auch Bischöfe erhielten. In der Zeit Ottos II. sind die Grafen 6 Eichler, Völker- und Landschaftsnamen im altsorbischen Sprachgebiet (wie Anm. 5), 12 f. 7 Eichler, Völker- und Landschaftsnamen im altsorbischen Sprachgebiet (wie Anm. 5), 2 f. 8 Von Richthofen, Jasper: Besunzane, Milzener, Sorben. Die slawische Oberlausitz zwischen Polen, Deutschen und Tschechen. Bieżuńczanie, Milczanie, Sorbowie. Słowiańskie Łużyce Górne pomiędzy Polakami, Niemcami i Czecha- mi. Görlitz 2004 (Schriftenreihe der Städtischen Sammlungen für Geschichte und Kultur Görlitz N. F. 37). 9 Görich, Eine Wende im Osten (wie Anm. 1), 95 f. 10 Schmid-Hecklau, Arne: Die archäologischen Ausgrabungen auf dem Burgberg in Meißen. Die Grabungen 1959– 1963. Dresden 2004 (Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie mit Landesmuseum für Vorgeschichte 43). 11 Thietmar vonMerseburg (wie Anm. 1), Chronicon I, 16, 23: Ex ea Milzenos que subactos dicioni censum persolvere coegit. 12 Schlesinger, Walter: Verfassung undWirtschaft des mittelalterlichen Bistums Meißen. In: Das Hochstift Meißen. Aufsätze zur sächsischen Kirchengeschichte. Hg. v. Franz Lau. Berlin 1973 (Herbergen der Christenheit; Jahrbuch für deutsche Kirchengeschichte, Sonderband), 33–53, hier 33–35. 13 Schlesinger, Walter: Merseburg (Versuch eines Modells zukünftiger Pfalzbearbeitungen). In: Deutsche Königs- pfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erforschung, Bd. I. Göttingen 1963 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 11/1), 158–206; Ramm, Peter: Über Königspfalz und Königshof auf demMer- seburger Burgberg zur Zeit Bischof Thietmars. In: Thietmars Welt. Ein Merseburger Bischof schreibt Geschichte. Hg. v. Enno Bünz, Axel Freiherr von Campenhausen, Holger Kunde, Andreas Ranft, Arno Sames, Wolfgang Schenkluhn und Karin Freifrau von Welck. Petersberg 2018 (Schriftenreihe der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naum- burg und des Kollegiatstifts Zeitz 11), 216–229. 14 Trimpert, Holger: Der Gau Puonzowa und die Wallburg Posa. In: Drößler, Rudolf: Zeitz. Geschichte der Stadt im Rahmen überregionaler Ereignisse und Entwicklungen, Bd. 1. Die Anfänge. Von der ur- und frühgeschichtlichen Be- siedlung der Zeitzer Region und dem ältesten Zeitz bis zur Verlegung des Zeitzer Bischofssitzes nach Naumburg 1028/1030. Hg. v. der Stadt Zeitz. Zeitz 2004, 25–28 sowie Schlesinger, Walter: Kirchengeschichte Sachsens imMittel- alter, Bd. I: Von den Anfängen kirchlicher Verkündigung bis zum Ende des Investiturstreites. Köln/Graz 1962 (Mittel- deutsche Forschungen 27/I), 34 f.

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