Leseprobe

Ostmitteleuropäische Friedensschlüsse 9 q (1920) – die langfristigen Konsequenzen der Verhandlungen, die am Ende des Ersten Weltkriegs (wie in Brest-Litovsk) stattgefunden haben. Daran schließt der Beitrag von Marcin Wołoszyn an, der die Folgen des – gescheiterten – Versuchs der Übergabe von Chełm an die Ukraine im Jahr 1918 für die Erforschung dieses Gebiets durch Historiker*innen und Archäolog*innen im 20. und 21. Jahrhundert präsentiert. Die neuzeitlichen Friedensschlüsse von Požarevac (Parassowitz) und Deulino wurden von öster- reichischen (Harald Heppner), polnischen (Konrad Bobiatyński) und russischen (Kirill Kočegarov) Historikern dargestellt. Die Ereignisse schließlich des Jahres 1018 – der Frieden von Bautzen sowie der darauffolgende Kiever Feldzug Bolesław Chrobrys – haben ein deutscher und ein polnischer Mediävist dargestellt. Es muss betont werden, dass die Problematik der sächsisch-polnischen Bezie- hungen um 1018 im gesamteuropäischen Kontext nicht nur zu den von Christian Lübke direkt ana- lysierten Fragen gehört. 10 Sie waren zudem Gegenstand eines Projekts zur Bedeutung des ältesten polnisch-altrussischen Grenzgebiets und der sogenannten Červenischen Burgen, welches von Chris- tian Lübke als Direktor des GWZO mitgeleitet wurde. 11 Als Bolesław Chrobry Kiev eroberte, schickte er seine Gesandten nicht nur zu Heinrich II., son- dern auch nach Konstantinopel. Dort schlug er dem Kaiser Basileios II. Frieden und Zusammenarbeit vor, drohte aber gleichzeitig mit Krieg. Diese erste Gesandtschaft nach dem weit von den polnischen Piasten entfernten Konstantinopel ist einfacher zu verstehen, wenn berücksichtigt wird, dass lang- jährige Kriege und die Eroberung des heutigen Bulgarien und Makedonien Polen der byzantinischen Welt nähergebracht hatten. 12 Die Frage »Wahre Geschichte oder Geschichte als Ware?« ist besonders aktuell im Falle des gerade erwähnten Makedonien. Ob das Prespa-Abkommen – von Stefan Troebst analysiert – diesen Streit abschließen wird, wird die Zukunft erweisen müssen. Unserem aus dem Dienst scheidenden Direktor Christian Lübke, dem wir alle in großer Dankbarkeit verbunden sind, wünschen wir einen Ruhestand, der genauso ausfallen möge wie seine Leipziger Jahre: friedvoll, gesund, aber auch mit fruchtbarer und anregender Tätigkeit. 10 Siehe z. B. Lübke, Christian: Außenpolitik im östlichen Mitteleuropa. Expansion und Hegemonie am Beispiel Polens und des Landes Halič-Volyn’ (bis 1387). In: Das Reich und Polen. Parallelen, Interaktionen und Formen der Akkulturation imhohen und spätenMittelalter. Hg. von Thomas Wünsch unter Mitwirkung von Alexander Patschovs- ky, Sigmaringen 2003 (Vorträge und Forschungen 59), 21–58, hier 28–29. 11 Siehe dazu z. B. Lübke, Christian: »Germanica Slavica« und »Polonia Ruthenica«. Religiöse Divergenz in ethno- kulturellen Grenz- und Kontaktzonen des mittelalterlichen Osteuropa (8.–16. Jahrhundert). In: Grenzräume und Grenzüberschreitungen im Vergleich. Hg. von Klaus Herbers und Nikolaus Jaspert, Berlin 2007 (Europa imMittelalter 7), 175–190. 12 Vgl. dazu Salamon, Maciej: ›Amicus‹ or ›hostis‹? Boleslav the Valiant and Byzantium. Byzantino-Slavica 54: 1 (1993), 114–120.

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