Leseprobe
6. Mögliche Auslöser des Wandels I: politische und wirtschaftliche Transformationen 115 q Druck bezeichne, fehlen (ganz oder fast) Spuren menschlicher Aktivitäten und Pollenwerte von Nutz- beziehungsweise Futterpflanzen tendieren gegen Null bei gleichzeitigen erhöhten Werten von Baum- und Waldstrauchpollen. In der höchsten Stufe, in der die Landschaft nach meiner Dreiteilung einem starken anthropogenen Druck ausgesetzt wird, ist bei sinkenden oder dauerhaft niedrigen Pollen- werten der Waldvegetation ein breites Spektrum von Feldfrüchten und Indikatoren für Futterbewirt- schaftung vertreten. Der mittleren Stufe mit einem gemäßigten anthropogenen Druck kommt natur- gemäß eine relative Position zu, bei der die Werte der Pollenindikatoren für menschliche Aktivitäten hoch genug bleiben, sodass es schwierig ist, von einem Verschwinden des anthropogenen Drucks zu sprechen, es kommt aber zum Beispiel zu einer Begrenzung menschlicher Aktivität in der Land- wirtschaft, was am Verschwinden einiger kultivierter Pflanzen beobachtet werden kann. Zugleich bleiben die Pollenwerte anderer Pflanzen verhältnismäßig stabil. Außerdem sollten bei dieser Stufe die Pollenindices der menschlichen Aktivität gleichzeitig so niedrig sein, dass es nicht angemessen wäre, von einem starken anthropogenen Druck zu sprechen. Bei Proben, die in die Stufe des ge mäßigten anthropogenen Drucks fallen, haben wir es meist mit Pollenindices menschlicher Aktivi- täten zu tun, die deutlich unter den Spitzenwerten für die gesamte, mehrere Jahrhunderte dauernde Epoche liegen (in meiner Studie sind es die Zeiträume vom 3. bis 8. und 10. bis 14. Jahrhundert). Mit anderen Worten: Anhand der drei Kategorien anthropogenen Drucks betrachte ich unabhängig von- einander für die Spätantike und die Zeit turkmenischer Migrationsströme die Dynamik im Laufe von drei aufeinanderfolgenden Perioden an jedem der untersuchten Standorte. Dabei unterscheide ich zwischen keinem erkennbaren und sehr starkem menschlichem Einfluss auf die Landschaft. Wichtig dabei ist, dass uns das Konzept des anthropogenen Drucks erlaubt, über den Vergleich verschiedener Landwirtschaftstypen hinauszugehen (die sich auf die Struktur der Nutzpflanzen und das Ausmaß der Futterwirtschaft konzentrieren) und somit einige methodische Probleme vermeiden zu können (hier vor allem die Frage nach der Abhängigkeit einer bestimmten Landwirtschaftsform von lokalen Umweltbedingungen).252 Obwohl über weite Gebiete des östlichen Mittelmeerraums von einem bestimmten oder zumindest ähnlichen Landwirtschaftstyp gesprochen werden kann (was mit der sogenannten Beyşehir Occupation Phase , die im 4. Kapitel vorgestellt wurde, verbunden ist), würde eine differenzierte Bestimmung der unterschiedlichen Typen in den bestimmten Regionen so viele Analysekategorien erfordern, dass sie eine klare Synthese des reichen und vielschichtigen paly- nologischen Materials verhindern würde. Auf Grundlage der Analyse habe ich getrennt für alle untersuchten Epochen zwei Kartensätze erstellt. Für jeden habe ich drei Basiskarten entworfen, die die räumliche Verteilung mit unterschied- licher Intensität des anthropogenen Drucks während der drei aufeinanderfolgenden, für diese Epo- chen besonderen Perioden aufzeigen (siehe Karten 5 und 7). Sie stellen direkt die Ergebnisse der Analyse der palynologischen Daten vor, die erste Rückschlüsse auf die Richtung des Landwirtschafts- wandels im Laufe der nachfolgenden Perioden erlauben. Für beide Epochen habe ich jeweils eine »dynamische« Karte (Karten 6 und 8) vorbereitet. Den einzelnen Standorten habe ich unterschied- liche Kategorien zugewiesen, je nachdem, wie dynamisch der Landschaftswandel in den drei aufei- 252 Ich habe diesen Ansatz bereits inmeinen früheren Arbeiten verwendet, siehe z. B. Izdebski, A Rural Economy [wie Anm. 144].
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1