Leseprobe
Johann Caspar Hindersin (1667–1738) und seine Rolle als Hausarchitekt der Familie Dohna in Ostpreußen 41 q sen Entwürfe für den Neubau eines zweigeschossigen Wohnhauses im Vorwerk Guhren sowie den Entwurf für das Branntweinhaus in Schlobitten aus Reicherts- walde, möglicherweise als Nachweis seiner handwerk- lichen Qualität. 37 Hindersin realisierte damit den leicht überarbeiteten Generalplan von Broebes, nach dem zwei Nebengebäude und ein Marstall einen äußeren Hof umschlossen und die Galerien eingeschossig blie- ben. 38 Die Entwürfe Hindersins nach Broebes General- plan ließ Alexander zunächst von Schultheiß von Un- friedt begutachten, den Alexander ebenfalls aus Pillau durch sein Zeughaus kannte und der als Leiter des Bau- amtes in Königsberg das Bauwesen in Preußen verant- wortete. Er sandte seinerseits fünf eigene Entwürfe, »Dessins wie das Haus füglich könnte geändert werden« , zurück, die teils einen völligen Neubau des Haupthau- ses vorsahen. 39 Daraufhin wies Alexander Hindersin an, die alte Fassade zwar weitestgehend beizubehalten, jedoch mit Lisenen und Fensterumrahmungen zumodernisieren. 40 Dazu schrieb er: »Ich habe geerbt ein steinern Haus, regel- mäßig und so massiv, daß ich mich nicht habe entschließen können, es abzubrechen und ein neues zu bauen. Ich be- schränke mich darauf, es schöner zumachen . « 41 Das Sattel- dachmit den Renaissance-Zwerchhäusern und Schweif- giebelnwurde zugunsten eines Mansarddachs aufgege- ben, eindrittes niedriges Geschoss aufgemauert (Abb. 3). 42 Des Weiteren gehen die meisten Nebengebäude auf ihn zurück. 43 Das Schloss wurde 1713 fertiggestellt, die Gale- rie imOstenmit der Bibliothek zwischen 1709 und 1714, die gegenüberliegende Galerie imWesten mit der Oran- gerie 1707 bis 1716, der äußere Schlosshof mit Nebenge- bäuden undMarstallturm 1721 und 1725 der vorgelagerte Gutsbetrieb im Vorwerk (Taf. II). 44 Heute ist das Schloss nur noch eine Brandruine (Abb. 4). 45 Alexander nahm das Berliner Schloss sowie die Modernisierungen der Kurfürstin Sophie Charlotte am Schloss Litzenburg, heute Charlottenburg, samt des zu- gehörigen Inventars, das er aus nächster Nähe kannte, zum Vorbild für den Umbau von Schlobitten. 46 Seinen Residenzcharakter erhielt Schlobitten durch die Sepa- rierung von Gutsanlage und großzügigem Schloss komplex mit abgeschlossener Hofanlage. In Preußen konnte es nur noch mit dem später entstandenen Fin- ckenstein gemessen werden. 47 Für die Ausstattung ver- suchte Alexander auch direkt vomBerliner Hof Künstler nach Ostpreußen zu holen. Dies gelang ihm bei dem Bildhauer Josef Anthon Kraus und demMaler Giovanni Battista Schannes, die in der Folge häufig gemeinsam mit Hindersin arbeiteten. 48 So waren sie für die Gestal- tung des sich über zwei Geschosse erstreckenden Fest- saals im ersten Obergeschoss des Westteils verantwort- lich (Abb. 5), in demgroßformatige Porträts vonMitglie- dern des Hauses Oranien-Nassau, der Hohenzollern und der Familie Dohna hingen und so die Verwandtschaft der Häuser und damit die Verbindung der Familie mit Abb. 5 Schloss Schlobitten, Festsaal, Südwestwand. Porträts des Großen Kurfürsten und der Kurfürstin Luise Henriette, geb. Prinzessin von Oranien sowie venezianische Kerzen- kronen. Um 1770 (ex: Grommelt 1962, 155)
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