Leseprobe

 9 q Skibiński berücksichtigt im Kontext seiner Untersu- chungen zudem die sozialen Privilegien der vorgestell- ten Akteure in Wechselwirkung mit einflussreichen Auftraggebern, die die Kunstproduktion in Preußen zu einer Blüte führten. Constanze Köster beschreibt die direkten Auswir- kungen der Nordischen Kriege auf den Werdegang des Malers Jürgen Ovens amHof des Herzogtums Schleswig- Holstein-Gottorf in ihrem Beitrag »›bey eingefallenen Kriegs-Troublen zog er nach Amsterdam‹. Künstlerweg und Kunsttransfer zwischenHolland und Schleswig-Hol- stein«. Der in Rembrandts Werkstatt ausgebildete Ovens pendelte zeitlebens zwischen Friedrichstadt an derWest- küste des Herzogtums und Amsterdam. Dadurch nahm er eine entscheidende Rolle für künstlerische Transfer- prozesse zwischen beiden Orten ein: Am Hof galt Ovens als niederländischer Maler, in Amsterdam als höfischer Künstler. Zudem befasst er sich in seinem Werk allego- risch mit dem Thema von Krieg und Frieden. Rafał Makała beleuchtet an der Wende zum 17. Jahr- hundert, wie sich das pommersche Herzogshaus der Greifen auch kunstpolitisch imNetzwerk benachbarter Renaissancehöfe positionierte und die für Reichsfürs- ten angemessenen Repräsentationsformeln bediente. Sein Beitrag »Der Stettiner Herzogshof um 1600 als Ziel und Station künstlerischer Wanderungen« umfasst da­ bei vielseitige Facetten: Er stellt die Arbeiten der vor Ort tätigen Künstler Thomas Nether, David Redtel, Wilhelm Zacharias, Hans Schenck und Cornelius Crommeny vor, thematisiert importierte Werke, etwa den Pommer- schen Kunstschrank nach einem Konzept von Philipp Hainhofer oder Goldschmiedearbeiten von Johannes Körver oder Christoph und Zacharias Lencker, und führt auch Kooperationenmit städtischen Zunftmeistern auf. Elita Grosmane gibt in ihremBeitrag »DieMigration von Bildhauern und das Erstarken barocker Bildhauer- werkstätten in Kurland und Riga« einen Überblick über die Entwicklungen von Neuausstattungskampagnen von Kirchen nach der Reformation, die in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts begonnenwurden und ihren Höhepunkt im 17. Jahrhundert fanden. Exempla- risch stellt sieWerke aus der über drei Generationen be- stehenden Bildschnitzerwerkstatt inWindau (Ventspils) sowie jener aus Mitau (Jelgava) vor, in der Hans Weide- mann und danach Tobias Heintz tätig waren. Darüber hinaus lenkt Grosmane den Blick auf weitere Holzschnit- zer, die bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts bedeu- tende, auch profane Kunstwerke in Lettland schufen. Agnieszka Gąsior folgt in ihrem Beitrag »Zwischen Kalkül und Zufall. Der Ausnahmemedailleur Sebastian Dadler (1586–1657) und seine europäische Klientel« ei­ ner beispielhaften Karriere für künstlerische Mobili- tät in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Dadlers biografische Stationen führten ihn von Straßburg nach Augsburg und Wien über Dresden nach Danzig und schließlich nachHamburg. Ausschlaggebend für seinen Erfolg war eine geschickte Vernetzung mit einflussrei- chen politischen Akteuren, meist in hochadligen Krei- sen, sowie die exklusive und nachgefragte Gattung der Medaillen und Gedenkmünzen im Kontext höfischer Repräsentationspraxis, auf die er sich als Goldschmied spezialisiert hatte. Daran knüpft Ylva Haidenthaller in ihrem Beitrag »Von Goldschmieden, Münzschneidern undMedailleu- ren: Einblicke in die Künstlerimmigration nach Stock- holm im 17. Jahrhundert« an und zeichnet die gelungene Etablierung dieser künstlerischen Gattung in Schwe- den, das seit dem Dreißigjährigen Krieg zu einer neuen Großmacht aufgestiegenwar, imKontext von Fragen des Kulturtransfers nach. Für auswärtige Künstler und Me- dailleure wie Johan Rethe, Johan Georg Breuer und Anton Meybusch wurde Schweden in der Folge als Wirkungs- ort attraktiv. Schließlich befasst sich Torsten Veit ausgehend von den Arbeiten für die Innendekorationen der Schlösser Ruhenthal (Rundāle) zwischen 1765 und 1767 sowie der folgenden für die Schlösser Mitau (Jelgava), Oberpahlen (Põltsamaa) und für Herrenhäuser in Kurland in seinem Beitrag »Oberbayern imOstseeraum. Betrachtungen zur Verbreitung von Arbeiten Wessobrunner Stuckatore im 17. und 18. Jahrhundert« mit der Migration Johann Mi- chael Graffs, Stuckator aus Wessobrunn, von Oberbay- ern über Preußen bis in den Ostseeraum. Stellvertretend kann Graff damit als Vertreter eines sehr dynamischen, erfolgreichen und über die Grenzen des Alten Reichs hinweg tätigen Handwerkernetzwerks aus einer über- schaubaren ländlichen Region gezeigt werden, das gro- ßen Einfluss auf die repräsentativen Innenraumgestal- tungen seiner Zeit hatte. Umsich der Komplexität dieses Netzwerks zu nähern, bedient sich Veit deskriptiv sta- tistischer und geografischer Auswertungen. Der vorliegende Band dokumentiert den gleich­ namigen Workshop, der vom 8. bis 9. Februar 2018 am Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) unter dem Titel »Erfolgreiche Einwan- derer. Künstlerimmigration im Ostseeraum während

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