Leseprobe
17 Die Leitlinien polytechnischer Bildung, wie sie seit 1794 an der Pariser École Polytechnique geprägt worden sind, zielten auf Anwendungsorientierung und Demokratisierung ab. Ent- sprechend wurde den Erfahrungsgrundlagen der Technik, die seinerzeit vornehmlich in Zeichenübungen, Demonstrationen und Experimenten erworben werden konnten, sowie geometrischen Methoden ein hoher Stellenwert beigemessen. Für die Synthese neuer tech- nischer Mittel war die Ableitung konstruktiver und fertigungstechnischer Zusammenhänge aus der Zeichnung äußerst wichtig. Ausbildungsziel an den sich herausbildenden polytech nischen Schulen war daher die Schulung des räumlichen Vorstellungsvermögens, die Ver- mittlung von Entwurfsdenken und die Erziehung zur Genauigkeit. Eine solche Präzision und Reproduzierbarkeit forderte die aufkommende mechanisierte Fabrikproduktion. Entspre- chend stand das Maschinenwesen im Vordergrund ingenieurwissenschaftlicher Bestrebun- gen. Der große Bedarf an Kraft- und Arbeitsmaschinen brachte neben einer Flut origineller Erfindungen zum Umformen von Bewegungen und Kräften die Herausgabe ganzer Kataloge elementarer Mechanismen hervor. Im Modell vergegenständlicht, dienten diese an Mannig- faltigkeit nicht zu übertreffenden konstruktiven Grundideen dem kreativen Entwurf neuer Variationen und Kombinationen bei der Ausbildung von praktischen Mechanikern und Ma- schinenbauern. Auch an der 1828 gegründeten Technischen Bildungsanstalt in Dresden wurden frühzei- tigModelle und andere Anschauungsmittel in den Unterricht einbezogen, auch umdenMan- gel an geeigneten Lehrbüchern wettzumachen. Von Beginn an wurden die Eleven im prakti- schen Umgang mit Maschinen, Instrumenten und Werkzeugen geschult. Die Unterweisung erfolgte zuweilen, analog zu den heutigen Praktika, in Werkstätten und Fabriken. Auch die Benutzung der Kgl. Modellkammer, deren Restbestände später in den Mathematisch-Physi- kalischen Salon eingingen, war in den Gründungsjahren ministeriell geregelt. Die vornehmlich an den polytechnischen Schulen geschaffenen speziellen technischen Sammlungen stehen mithin für den Prozess der Verwissenschaftlichung von Technik und Industrie. Neben Rohstoffen und Materialproben, Mustern von Fabrikaten, Geräten, Mess instrumenten und ganzenMaschinen enthielten die Sammlungen vor allemVorlegeblätter und Modelle. In Ergänzung zu den zeichnerischen Vorlagen für den technischen Unterricht ist der besondere didaktische Wert der Modelle hervorzuheben. Eine der frühesten Sammlungen in Dresden, das »Maschinen- und Modellcabinet«, zielte auf die Ausbildung im Fach Maschinen- lehre, wobei die Getriebemodelle dem konstruktiven Zweig des wissenschaftlichenMaschinen- wesens zugeordnet werden können. Der Grundstock der heutigen Getriebemodellsammlung KLAUS MAUERSBERGER Die historische Entwicklung der Sammlungen an der TH/TU Dresden √ Forstzoologische Sammlung (um 1860) im Hauptgebäude der Forstakademie Tharandt
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