Leseprobe
47 MARINA LI ENERT · CARIS-PETRA HEIDEL Die Medizinhistorische Sammlung Die Anfänge der Sammlung Exponate aus der Sammlung des Herzogs von Weißenfels bildeten den Grundstock für eine größere Kollektion der ersten sächsischen Chirurgenschule, dem 1748 eröffneten Collegium medico-chirurgicum zu Dresden. Auch dessen Nachfolgeeinrichtungen, die Provisorische Lehranstalt für Medizin und Chirurgie (1814/15) und die Chirurgisch-medicinische Akademie (1815– 1864), nutzten für die Ausbildung der Feldschere sowie Wundärzte und praktischen Ärzte umfangreiche Sammlungen, von denen leider keine mehr in den Besitz der indirekten Nachfolgeeinrichtung, der 90 Jahre nach Schließung der Chirurgisch-medicinischen Akade- mie gegründetenMedizinischen Akademie »Carl Gustav Carus« (nachfolgendMAD genannt), gelangten. Für Lehrzwecke erwarb aber ein medizinhistorisch interessierter Arzt neue Ob- jekte. Heinrich Fritz, seit 1948 Leiter des Röntgen- und Radiuminstituts des Stadtkranken- hauses Johannstadt und später Lehrstuhlinhaber für Röntgenologie und Strahlenheilkunde an der MAD sowie Direktor der Radiologischen Klinik, trugmehr als 20 verschiedene Röntgen- röhren zusammen, die die Entwicklung des relativ jungen Fachgebiets dokumentierten. In einem eigens dafür angefertigten Schrank stellte er diese aus und zog sie zur Ausbildung von Studenten der Medizin und von medizinisch-technischen Assistentinnen heran. Dennoch, und obwohl die MAD insbesondere in dem seit 1957 ersten Direktor der Hautklinik und Ordi- narius für Dermatologie Heinz Egon Kleine-Natrop einen ausgewiesenen Kenner und Ver- mittler der Dresdner Medizingeschichte hatte, sind Bemühungen um eine systematische Sammeltätigkeit medizinhistorischer Sachzeugen an der jungen Hochschule nicht bekannt. Dies mochte wohl auch auf die Nähe zweier bedeutender Einrichtungen zurückzuführen sein, die beide schon vor dem Ersten Weltkrieg begründet worden waren und über umfang- reiche medizinhistorische Sammlungen verfügten: das Karl-Sudhoff-Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften in Leipzig sowie das Deutsche Hygiene-Museum Dresden. Mit der Einführung der Medizingeschichte als obligatorisches Lehrgebiet an allen medizi- nischen Hochschuleinrichtungen der DDR 1978 ist an der MAD eine eigenständige Abteilung für Geschichte der Medizin begründet worden, die unter die Leitung des im Fach habilitierten Dozenten und – mit Erhebung der Abteilung in den Status eines Institutes 1990 – ersten Lehrstuhlinhabers für Medizingeschichte an der MAD, Günter Heidel, gestellt wurde. Bei der im Vordergrund stehenden Etablierung des Fachgebietes in Lehre und Forschung war der gleichzeitige Aufbau einer thematisch gehaltvollen eigenen medizinhistorischen Sammlung weder angedacht noch aus personellen und finanziellen Gründen möglich. Allerdings sind – soweit es die begrenzten Mittel erlaubten – bereits auch medizinhistorisch relevante Sach zeugen antiquarisch erworben worden. Diese Praxis wird bis heute fortgesetzt. In dem Jahre 1746 nahm der Graf von Hennike das HerzogthumWei ßenfels im Namen des Königs von Pohlen und Churfürsts von Sachsen in Besitz. Er fand in den Sammlun gen des Herzogs mehrere anatomi sche Präparate und sendete diesel ben nach Dresden, um sie bey dem Unterrichte der Wundärzte zu be nutzen. Seiler 1820, S. 439–440 Wiewohl es für die Stiftung hoher Schulen und Universitäten glorrei chere Anlässe gibt als die säkulare Not, dürfte es für eine medizinische Hochschule kaum einen triftigeren, geschweige denn einen humaneren geben als den, daß ihre Einrichtung im strengen Wortsinn notwendig ist. Kleine-Natrop 1964, S. X √ T retbohrmaschine und Behandlungs stuhl für den Zahnarzt, ca. 1890 Die Tretbohrmaschine soll noch in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von einem Dresdner Zahnarzt genutzt worden sein.
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