Leseprobe

139 Der Kunstbesitz – lebendiges Zeugnis der Universitätsgeschichte GWENDOLIN KREMER UND MARIA OBENAUS Ohne Campus und ohne Institutsgebäude gäbe es auch keine universitäre Kunst. Der um- fangreiche und gattungsübergreifende Kunstbesitz der TU Dresden – seit 2003 verankert in der Kustodie – geht zurück auf die Gründung der Technischen Bildungsanstalt 1828 und ist eng verwoben mit dem Baugeschehen und der Campusplanung, das heißt den universitären Bauten an wechselnden Standorten während zweier Jahrhunderte. Das Gros der Bausubs- tanz ist als Einzeldenkmal gelistet und steht damit unter dem besonderen Schutz des Frei- staates Sachsen. Der Campus ist gleichsam ein Spiegelbild der universitären Institutionsgeschichte und Genese. Historistische Institutsgebäude von der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert stehen neben Bauten aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Seit den 1990er-Jahren erfährt das Hochschulgelände eine Erweiterung und Verdichtung in Folge der Einrichtung als Volluniver- sität sowie der Exzellenz-Strategien. Doch nicht nur an den Universitätsgebäuden lässt sich die Geschichte der Institution selbst sowie der Repräsentationswille der jeweiligen Zeit able- sen, diese sprechen auch aus den Werken der Kunstsammlung, den Gemälden, Plastiken und Skulpturen, Zeichnungen und Druckgrafiken sowie der baugebundenen Kunst im Kunst- besitz. Die Werke, die von der Gründung 1828 bis 1945 geschenkt bzw. angekauft wurden, wer- den unter dem Sammelbegriff »Altkunstbesitz« geführt und vereinen insbesondere Grafik- konvolute und Bildnisse, die noch ohne »planmäßige bildkünstlerische Erwerbung« (Schiefer­ decker 1996, S. 126) in den Bestand gelangten und sich lediglich durch den sich peu à peu etablierenden Sammlungsschwerpunkt der Porträts von Hochschulangehörigen auszeich- nen. Dieser Schwerpunkt ist es auch, der den Altkunstbesitz mit den Erwerbungen und Auf- tragsarbeiten aus der DDR-Zeit bis heute verbindet. Es sind vor allem diese Bildnisse von Mit- arbeitenden und Studierenden, die ein lebendiges Zeugnis von der Institutionsgeschichte ablegen und die Erinnerung an die Entwicklung der Universität wachhalten. Die Porträtierten sind mit typischen Berufsattributen wie Arbeitsmaterialien oder im Kontext ihrer Lehr- oder Studiertätigkeit abgebildet – somit erzählen die Kunstwerke vom sozialen Stand der Darge- stellten, ihrer Funktion, aber auch von den gesellschaftlichen Transformationen und Reprä- sentationsstrategien. Indem die Technische Universität diese Bildnistradition in ihrer Ankaufspolitik bis heute pflegt, konnten insgesamt mehr als 90 Porträts in den Kunstbesitz aufgenommen werden, darunter befinden sich auch Büsten vor und in den Institutsgebäuden herausragender Wissenschaftler:innen (Obenaus 2015, S. 142). Eine öffentlich zugängliche Präsentation ist in einer Galerie der universitären Gelehrten- und Studierendenbildnisse für den Fritz-Foerster- Bau vorgesehen und soll ab 2025 dauerhaft diesen charakteristischen Sammlungsschwer- punkt der Universitätskunstsammlung in einer Ausstellung zusammenfassen. √ Kurt Wünsche und Harry Schulze: Zur Elektrotechnik (1964), Detail, Silikatkeramik- platten, Barkhausen-Bau (BAR), Inv.-Nr. KB94600 (Foto: Till Schuster) An der TU Dresden entstanden in den 1950er- und 1960er-Jahren unter der Ägide des Künstlerischen Beirats mehrere keramische Wand- arbeiten, die in enger Zusammen­ arbeit zwischen dem Töpfermeister, studierten Bildhauer und Keramik- ingenieur Harry Schulze am Lehr- stuhl für Baukonstruktionslehre der Abteilung Architektur und in den Werkstätten der damaligen TH Dresden sowie Künstlern wie Reinhold Langner, Kurt Wünsche, Karl-Heinz Adler, Friedrich Kracht und anderen entwickelt wurden.

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