Leseprobe

Die dendrochronologische Untersuchung der Rubens und seiner Werkstatt zugeschriebenen Imperatorenbildnisse in der Staatsgalerie Stuttgart Peter Klein Mithilfe der Dendrochronologie lässt sich die Fällzeit eines Baumes bestimmen. Somit lassen sich erste Hinweise für die Entstehung von Gemälden geben, die auf Holz gemalt wurden. Damit ergibt sich zumindest ein terminus post quem für die Entstehung. Das Prinzip des Verfahrens besteht darin, die Breite der auf der Gemäldetafel vorhandenen Jahresringe zu bestimmen und die daraus resultierende Jahresringfolge mit datierten Standardchronologien zu vergleichen. Durch die Ein- maligkeit der Jahresringcharakteristik über Jahrhunderte und für verschiedene Wuchsgebiete lassen sich oft eine jahrgenaue Datierung und auch eine regionale Zuordnung des Holzes erreichen. Dieses Verfahren kann jedoch nicht bei allen Holzarten angewendet werden. Bei Gemäldetafeln eignet es sich für die Holzarten Eiche, Buche, Fichte, Tanne, Kiefer und Zirbelkiefer. Dagegen lässt sich diese Methode nicht bei Linde und Pappel nutzen. Bei den von Rubens verwendeten Holztafeln handelt es sich – wie für die flämischen Meister üblich – fast ausschließlich um Eichen- holz. Daher beziehen sich die folgenden Erläuterungen auch auf diese Holzart. Für die Herstellung von Gemäldetafeln aus Eichenholz verwendeten die Tafelmacher nor- malerweise radial aus den Stämmen geschnittene Bretter. Hierbei wurden die Rinde und meistens auch das Splintholz abgetrennt, das direkt unter der Rinde liegt und den Baum mit Nährstoffen versorgt. Eine jahrgenaue Bestimmung des Fälldatums des Baumes ist somit nicht mehr möglich, sondern nur eine jahrgenaue Angabe für den jüngsten vorhandenen Jahresring. Die Anzahl der abgetrennten Splintholzjahresringe und die Lagerzeit des Holzes werden aus statistischen Erhe- bungen abgeleitet. Sie stellen daher eine Wahrscheinlichkeitsaussage für das gesamte untersuchte Kollektiv dar. Im Einzelfall können Abweichungen von diesen Angaben auftreten. Auch die Her- kunft der Eichen ist dabei von Bedeutung, da je nach Wuchsregion unterschiedliche Splintholzan- teile auftreten. Im Allgemeinen ist innerhalb von Europa eine von Osten nach Westen hin abneh- mende Splintjahresringzahl gegeben. Holz aus dem Osten Europas besitzt einen Median von 15 Splintholzjahresringen, wobei 50 Prozent aller Werte zwischen 13 und 19 Jahren liegen, mit Abb. 1 PETER PAUL RUBENS UND WERKSTATT Julius Caesar, Rückseite vor 1600 Öl auf Holz, 68,5×52,5 cm Staatsgalerie Stuttgart 99 Peter Klein

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