Leseprobe

45 gewöhnliche Belege in die Chemnitzer Region und ihre Um­ gebung gelangt und erhalten. Die Annahme, dass der Transport eines Taufsteins über mehrere Hundert Kilometer ein kaum durchführbares Unternehmen dargestellt hätte, wird mit einem Blick auf die Kreuzzüge relativiert, in deren Gefolgschaft statt­ liche Burgen im Vorderen Orient entstanden und die nicht zu- letzt Zeugnis von der Leistungsfähigkeit desTransportwesens im Mittelalter ablegen. 5 Eine althergebrachte Methode zur Suche von geeigneten Gesteinen ist die genaue Inaugenscheinnahme des Geländes, wo beispielsweise unter Bodenaufwölbungen härtere Gesteine er- wartet werden könnten. Felsen oder Taleinschnitte boten Anlass zur Anlage von Steinbrüchen, Gerölle in Flüssen und Bächen waren selbst Baumaterial oder ließen gesuchte Gesteine im Oberlauf des Gewässers anstehend vermuten. Es bedurfte keiner aufwendigen Untersuchungen, hinreichend festzustellen, ob ein Material hart oder weich, splittrig oder behaubar war oder sich irgendwie anders als verwendungsfähig erwies. Ausgereifte Kenntnisse zum Bau lagen schon vordem in Mit- telfranken und im Rhein-Lahn-Gebiet vor, ebenso Kenntnisse darüber, die einzelnen Materialien nach ästhetischen Gesichts- punkten, wie zum Beispiel nach ihrer Färbung, zu verbauen. Die Erfahrungen in der Steinnutzung kamen im hiesigen Besied- lungsland aber erst nur allmählich und auf niedrigerer Stufe zur Umsetzung, da sowohl zunächst die pekuniären Mittel noch fehlten als auch die entsprechende Infrastruktur einschließlich eines handwerklichen Leistungsangebots erst aufgebaut werden musste. Von den ehemals vorhandenen mittelalterlichen Bauten ist nur ein Bruchteil erhalten. Durch den Wegfall ihrer Funktion, Verfall und Verwitterung, Zerstörung in Kriegen, aber ebenso durch Vergrabung und Verstecken von Gegenständen ist ein be- achtlicher Teil der Hinterlassenschaft unserem Blickfeld entzo- gen worden. Das, was wir heute präsentieren können, gibt uns lediglich einen teilweisen Einblick. Bei Steinen ist dies umso wichtiger, da wir anhand ihrer Art und Herkunft archäologische Indizien und Nachweise formulieren können. Zeitzer Sandstein und die Chemnitzer Dämonenköpfe Die eingangs erwähnten Dämonenköpfe stellen die ältesten im Chemnitzer Schloßbergmuseum bewahrten Kunstwerke dar. Sie bestehen aus hellem Sandstein aus dem Buntsandstein der Trias in der Zeitzer Region. Deren Besiedlung als Altsiedelland war bereits vor der Errichtung des Chemnitzer Benediktinerklosters erfolgt. Das für die Dämonenköpfe verwendete Material hatte sich schon als Bau- und Bildstein bewährt, so auch in den Städ- ten Pegau und Groitzsch. Es ist deshalb naheliegend, dass die an der Chemnitz klostergründenden Pegauer Mönche die Dämonen­ köpfe mitbrachten, denn hier am Chemnitz-Fluss stand zunächst kein geeigneter Bildstein für derartige Arbeiten zur Verfügung. Außerdem ist fraglich, ob nicht der Altartisch mit Reliquiengrab 6 in der alten Harthauer Kirche aus dieser Region geliefert worden sein könnte. Auch hier handelt es sich um einen hellen, glim- merführenden Sandstein, wie er in dieser zu Platten verarbeit- baren Werksteinqualität in der Chemnitzer Umgebung nicht vorkommt und der sich petrografisch von dem in Chemnitz und Umgebung verbauten Kristalltuff markant unterscheidet. 7 Diesbezüglich ist zu hinterfragen, inwieweit die Herkunft der in vorreformatorischer Zeit verbauten Steine mit den histo- rischen Gewinnungszeiten der Gesteine übereinstimmt. Als ein Beispiel soll die Grabplatte des Ehepaars Elisabeth und Bernhar- dus (oder Burkhardus) von Elsterberg 8 vomAnfang des 14. Jahr- hunderts aus dem Kloster Grünhain herangezogen werden. Die große, zerbrochen aufgefundene Platte in den beachtlichen Ab- messungen von 2,2 mal 1,37 mal 0,25 Metern besteht aus einem hellen Gestein, das als Hilbersdorfer Porphyrtuff angesprochen wurde. 9 Die Platte selbst wurde leider nicht geborgen und nach Beendigung der Grabung 2003 am Fundort wieder verfüllt. Das Problem dabei ist, dass im 14. Jahrhundert an einen Abbau des Abb.3 Reliquiengrab als Altartisch, vermutlich Sandstein aus der Zeitzer Gegend

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