Leseprobe
46 Porphyrtuffs in dem zum Chemnitzer Benediktinerkloster gehö- renden Hilbersdorf und dem Zeisigwald noch nicht zu denken war. Dieser setzte erst Ende des 15. Jahrhunderts ein. So sind auch einige im Staatlichen Archäologiemuseum Chemnitz prä- sentierte Grabungsfunde von Grünhain wegen eines durch Glimmeranteile im Gestein bedingten Schillereffekts 10 auf ihre Herkunft hin zu überprüfen. Es könnte sich hierbei, wie bei der Grabplatte vermutet, ebenso um Sandstein aus der Zeitzer Region handeln. Dieser Ansatz ist insofern von Interesse, weil sich damit mittelalterliche Handelsbeziehungen neben den herrschaftlich- familiären Verbindungen durch die Analyse des Steinhandels ergeben könnten. Kristalltuff – ein geeigneter Baustein und Handelsware in der Romanik Den Begriff des Kristalltuffs prägte der GeologeTheodor Siegert bei der geologischen Landesaufnahme Sachsens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 11 Damit unterschied er gröberkör- nige Tuffe von den feinkörnigen, den sogenannten Felsittuffen, eben jenen Aschentuffen, bei denen eine Körnigkeit makrosko- pisch nicht zu erkennen ist. Der Kristalltuff entstammt den rotliegenden Planitzer Schich- ten des Erzgebirgischen Beckens und wurde in romanischer Zeit hauptsächlich sowohl am Bau der Kirche des Benediktinerklos- ters als auch an der Stadtkirche St. Jakobi von Chemnitz bis zur Erschöpfung desVorkommens verwendet. In beiden Bauwerken ist sein Verbau nachzuvollziehen. Der Abbau des Kristalltuffs dürfte nach 1180 zum Erliegen gekommen sein. Die Lage des Vorkommens wird an der heutigen Zschopauer Straße in Höhe der Melanchthonstraße im Ausstrich der unteren Serie vulkani- scher Gesteine des Erzgebirgischen Beckens vermutet. Der Kristalltuff war nicht nur für Kloster und Stadt Chemnitz ein begehrtes Baugestein, denn in Stadtnähe war seinerzeit noch kein weiteres Vorkommen von geeignetem Werkstein bekannt. Damit ergab sich seine Bedeutung auch für das Umland. Wir finden den Kristalltuff deshalb ebenso an Bauwerken außerhalb von Chemnitz, wenngleich dieser Befund nur die Reste ehema- ligerVerbaustellen darstellen dürfte. Zu nennen sind ein Fenster- gewände im Bergfried des Zschopauer Schlosses Wildeck 12 und schlichte Portale an den Dorfkirchen von Ottendorf bei Mitt- weida 13 und Chemnitz-Röhrsdorf. An den Kirchen von Neukir- chen und Chemnitz-Kleinolbersdorf wurde der Kristalltuff im Sockelmauerwerk, gewissermaßen als Beleg für wiederverwen- dete Bausteine aus abgebrochener Bausubstanz der Vorgänger- kirche, gefunden. Im Umfeld der schwer kriegszerstörten und um 1950 wieder aufgebauten Jodokuskirche in Chemnitz-Glösa Abb.4 Ehemaliges romanisches Säulenkapitell aus Kristalltuff als Unterteil des Taufsteins in der Jodokuskirche in Chemnitz-Glösa konnte Kristalltuff in der östlich gelegenen Kirchenmauer als Eckquader und in der Hangbefestigung amWeg zum Kirchberg festgestellt werden. Ebenfalls aus Kristalltuff gefertigt erwies sich in der Kirche ein zum Taufstein umfunktioniertes romanisches Säulenkapitell. Das gleichzeitig mit dem Chemnitzer Benediktinerkloster an der Zwickauer Mulde errichtete Kloster Remse hatte für seinen Werksteinbedarf in der Nähe kein geeignetes Vorkommen zur Verfügung. Als Hauptbaustein für das Mauerwerk verwendete man phyllitische Schiefer, die man im Schiefermantel des Gra- nulitgebirges brach. Für profilierte Mauerungen wie an den Ge- bäudeöffnungen kamen Ziegel zum Einsatz.Wohl bedacht setzte man an besonders belasteten Stellen des »Roten Stocks«, einem Rest der ehemaligen Klosterkirche, gezielt ausgewählte Steinblö- cke ein. Hier findet sich der Chemnitzer Kristalltuff als Kämpfer und Schlussstein in einem zugesetzten Rundbogenfenster erhal- ten. Der Transportaufwand dürfte ein Grund sein, dass das hier ebenso bekannte Material nur sparsam eingesetzt werden konnte. Eine gröberkörnige Varietät des Kristalltuffs eines weiteren Fundorts ist Hauptbaustein der Ebersdorfer Stiftskirche.Auch das Sühnekreuz im Kirchgelände besteht aus diesem Material. Die ehemalige Abbaustelle wird unter einem widernatürlich ab- schüssigenWiesenstück hinter dem Friedhof vermutet.
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