Leseprobe
47 Kapellenberger Porphyrtuff – Hauptwerkstein der Gotik Als dieVorräte des Kristalltuffs zur Neige gingen, eröffnete sich als Alternative für das Benediktinerkloster die Nutzung desTuff- vorkommens auf klösterlichem Gelände am Kapellenberg hin- ter der Niklaskirche. Auch die Stadt Chemnitz war an der Aus- beutung der »Newen Steyngruben« über Verträge mit dem Klerus beteiligt. 14 Das Gestein mit auffälliger kräftigrot-creme- weißer Fleckigkeit findet sich vielfach in den Kirchenbauten, so zum Beispiel alsWerkstein für Mauern und Fenstergewände der Klostergebäude, in Fenstergewänden und im Paradies der Jakobikirche und als Eckmauerung der Marienkapelle an der Stiftskirche, hier zusammen mit Kristalltuff. Überliefert ist, dass Abb.5 Plastik des hl. Georg in der Kirche von Wolkenstein das Chemnitzer Franziskanerkloster aus Tuff vom Kapellenberg »aus den Steinbrüchen am Niklasberge« erbaut wurde. 15 Hauptbaustein des RotenTurms ist vomTyp her Kapellenberger Porphyrtuff, wenngleich die Herkunft des Materials von einem vermuteten ehemaligen Steinbruch an der heutigen Moritz- straße/Ecke Zschopauer Straße stammen soll – was aber eher unwahrscheinlich ist. 16 Der Kapellenberger Porphyrtuff, ein Gestein, das vornehm- lich an gotischen Bauten zu finden ist, wurde auch in das Um- land als Baustein oder bildhauerisch verarbeitet versandt. Mit diesem Material sind teilweise die Mauerecken der Burg Raben- stein stabilisiert. Als Eckstein findet sich einer dieser Steine in einer Mauer an der Nikolaikirche Ehrenfriedersdorf. 17 Vermut- lich handelt es sich dabei um ein Überbleibsel aus der Zeit des Kirchenbaus. 18 Zudem sind die mittelalterlichen Plastiken des hl. Georg in derWolkensteiner Stadtkirche und des hl. Bartholomäus vom Stadttor aus Kapellenberger Porphyrtuff gefertigt. 19 Der Fund dieses Materials in Mauern kann ebenso auf Vorgänger bauten verweisen, weil sich, wie zum Beispiel in Neukirchen, der Tuffstein nach Abriss oder Umbau als einfacher Baustein wiederverwendet im Sockel eines späteren Anbaus findet. Das wohl derzeit interessanteste Objekt aus Kapellenberger Porphyrtuff dürfte die Horburger Madonna aus der Zeit um 1250 sein. Die Annahme, dass die mittelalterliche Plastik aus Sandstein 20 gefertigt ist, wurde bereits in Zweifel gezogen. 21 Nach der feinen Körnung des Gesteins, seiner unverwechselba- ren Farbigkeit und der vorhandenen Fremdgesteinseinschlüsse kann als Material der Kapellenberger Porphyrtuff von Chemnitz sehr berechtigt benannt werden. 22 Wie bereits vermerkt, ist es in den hochgotischen Teilen des Chemnitzer Benediktinerklos- ters der Hauptbaustein. Zudem führte man in dieser Zeit die Stadtmauer auf, sodass auch gute Aufschlussverhältnisse zur Gewinnung größerer Blöcke gegeben waren.War diese Marien- darstellung einst etwa gar für die hiesige der Gottesmutter ge- weihte Kirche vorgesehen, oder wie kam die dem Naumburger Meister zugeschriebene Plastik nach Horburg, einem Ort an einer der Salzstraßen, mit denen Chemnitz verbunden war? Der Verfall des Klosters der Benediktiner im 13. Jahrhundert könnte die Ursache für dieWeiterveräußerung gewesen sein. 23 Obwohl der kunsthistorische Bezug der Klosteranlagen zur Allerheiligen- kapelle des Meißner Domes gegeben ist, 24 bleibt die Frage nach der zeitlichen Einordung. Kann es nicht sein, dass die Werkstatt des Naumburger Meisters, bevor sie in Meißen wirksam wurde, bei Chemnitz die Horburger Madonna schuf? 25 Dass die Naum- burg-Meißner Werkstatt nur für die beiden Dome und einige wenige mit ihnen verbundene Persönlichkeiten gearbeitet habe, 26 wäre unter diesem Blickwinkel zu hinterfragen und auch, ob andere mittelalterliche Kirchenbauten bedient wurden.
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